Anatomie d'une chute Frankreich 2023 – 152min.
Filmkritik
Im Labyrinth der Wahrheit

Mit ihrer zweiten Wettbewerbsteilnahme in Cannes etabliert sich Justine Triet endgültig als feste Grösse des französischen Kinos. Sandra Hüller brilliert in der Hauptrolle – und war mit dem Gewinner der Goldenen Palme und «The Zone of Interest» von Jonathan Glazer gleich in zwei Highlights des Festivals zu sehen.
Die deutsche Schriftstellerin Sandra (Sandra Hüller) lebt mit ihrem inzwischen überwiegend als Lehrer arbeitenden Ehemann Samuel und dem nach einem Unfall erblindeten Sohn Daniel in einem französischen Bergdorf nahe Grenoble. Als der Gatte nach einem Fenstersturz tot im Schnee liegt, scheint das kein Unfall gewesen zu sein und die Indizien für eine Selbsttötung scheinen eher dürftig. So findet sich Sandra, unterstützt von ihrem befreundeten Anwalt (Swann Arlaud), schliesslich als Hauptverdächtige vor Gericht wieder, wo nicht zuletzt über ihre Ehe und ihr Selbstverständnis als Frau verhandelt wird.
Justine Triet macht aus ihrer zusammen Arthur Harari verfassten Geschichte, die sich hier und da Anleihen bei Hitchcock erlaubt, weniger einen Thriller als ein genau beobachtetes und vor allem enorm facettenreiches Gerichts- und Beziehungsdrama. Spannend ist das jede Minute, nicht zuletzt, weil die Regisseurin ein komplexes Hin und Her zwischen Wahrheit und Wahrnehmung entspinnt und sich ganz auf das Können ihrer Hauptdarstellerin verlässt, mit der sie schon bei «Sibyl» kollaborierte.
Sandra Hüller ist, wohlgemerkt auf Englisch und Französisch, das schwer durchschaubare Zentrum des Films und lieferte – nach Jonathan Glazers «The Zone of Interest» nicht zum ersten Mal bei den diesjährigen Filmfestspielen von Cannes – eine Meisterleistung ab. Und preisverdächtig ist ihr eindringliches Spiel allemal.
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Kommentare
zu thomasmarkus: Auf französich ist "la chute" hier nicht doppeldeutig. Eindeutiger übersetzt würde ich meinen: Anatomie eines Sturzes.
Im Deutschen doppelsinniger Name; Anatomie eines Falls. Ob das auf Französisch auch so sei, so die Pausendiskussion. Aber niemand konnte gut genug Französisch ;-).
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