Une femme de notre temps Frankreich 2022 – 96min.

Filmkritik

Diane, eine Jägerin mit wenig Vorstellungskraft

Filmkritik: Laurine Chiarini

Der Film «Une femme de notre temps», der in Locarno auf einer gut gefüllten Piazza Grande gezeigt wurde und den Weg einer Pariser Polizeikommissarin nachzeichnet, die von ihrem Ehemann betrogen wird, löste gemischte Reaktionen aus.

Laut Freddy Buache, Mitbegründer der Cinémathèque suisse, war eine der grössten Sünden, derer sich ein Film schuldig machen konnte, die der Transparenz. Ein Film ohne Subtilität, dessen Absichten so offensichtlich sind, dass sie schliesslich in den Augen brennen, nimmt dem Film seinen Geschmack und riskiert schnell, den Zuschauer am Strassenrand stehen zu lassen. Wenn man sich an diese Definition hält, wird eine Frau unserer Zeit, die übrigens nichts mit dem gleichnamigen Helden aus Michail Lermontows Roman gemein hat, fast unsichtbar, weil der Film so durchsichtig ist.

Doch was hat Sophie Marceau, die seit einiger Zeit nicht mehr gedreht hat, dazu bewogen, dieses Drehbuch zu verfilmen? Die Schauspielerin nannte die Integrität einer Heldin, die für ihre Überzeugungen bis zum Äussersten geht, und ein Drehbuch «wie die Flugbahn eines Pfeils: präzise, das genau ins Schwarze treffen wird». Leider bleiben die Dialoge, selbst die spärlichen, auf einem so hohen Niveau der Ich-Form, dass die Protagonisten, insbesondere Hugo, ihr Ehemann, gespielt von Johan Heldenbergh, den Eindruck erwecken, als würden sie ihre lustlosen Zeilen auf rein mechanische Weise abspulen. Die Kameraführung aus der Untersicht, lange Kamerafahrten über prächtige Hauskulissen und die absichtlich bedrohliche Wirkung, die an jedes noch so kleine Element der Kulisse geknüpft ist, machen den Film schliesslich schwer verdaulich.

Während die Geschichte der betrogenen, rachsüchtigen Frau - die man ohne weiteres bei einem Chabrol oder sogar Hitchcock hätte finden können - durchaus Sinn macht, wird sie in der Erzählung durch eine pompöse und übertriebene Lyrik zerstört, angefangen beim Soundtrack: Die Musik unterstreicht nicht nur die Handlung, sondern ertränkt die meisten Szenen in einer Flut dramatischer Akkorde und wird so schnell schwer erträglich, ohne letztlich angesichts des dürftigen Drehbuchs viel zu betonen. Dieser Wille, jedes Element, sei es die Hauptdarstellerin oder ein Glas Wasser, mit Lust und Kraft zu füllen, nivelliert allein schon jede Hoffnung auf ein mögliches Spiel mit Nuancen.

Übersetzung aus dem Französischen von Laurine Chiarini durch Nicole Janssen.

22.08.2022

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