CH.FILM

99 Moons Schweiz 2021 – 113min.

Filmkritik

Im Abgrund von Liebe und Leidenschaft

Irene Genhart
Filmkritik: Irene Genhart

Die 29-jährige Bigna steht am Beginn einer Karriere als Forscherin, der vier Jahre ältere Frank hangelt sich mit Drogen und Gelegenheitsjobs durchs Leben. Ein anonymes Sex-Date bringt die beiden zusammen und voneinander nicht wieder los: ein irritierend übersexualisiertes Liebesdrama von Jan Gassmann.

Bigna ist 29 und forscht über Tsunamis. Als ihr Forschungsprojekt in Chile bewilligt wird, scheint ihre Karriere als Wissenschaftlerin sicher. Doch Bigna hat vor einigen Wochen bei einem Sex-Date Frank kennengelernt. Entgegen ihrer Vorsätze hat sie den 33-Jährigen, der Drogen nicht abgeneigt ist und sich mit Gelegenheitsjobs durchs Leben hangelt, mehr als einmal getroffen. Bei der Planung ihrer Zukunft kommt ihr diese Affäre, die vielleicht doch auch eine Liebe ist, plötzlich in die Quere.

Weshalb zwei Menschen einander näher kommen, ist oft kaum nachvollziehbar. Dies umso weniger, wenn die beiden wie in «99 Moons» aus unterschiedlichen Milieus stammen, sodass sie sich normalerweise kaum je begegnen würden. Und doch lebt das Kino von Filmen, die wie «Der letzte Tango in Paris» und «9½ Wochen» genau um diese fatale Attraktion kreisen.

Auch Jan Gassmann scheint das Thema zu faszinieren. Nachdem er in «Europe, She Loves» dem Geheimnis von vier Liebespaaren dokumentarisch nachforschte, versucht er dieses nun in einem Spielfilm zu ergründen. Dabei spielt er verschiedene Phasen einer vorwiegend sexuell geprägten Beziehung durch, wobei irgendwann der Satz fällt: «Du verwechselst Sex wohl mit Liebe».

Diesen Satz könnte man ebenso gut als Kritik am Film selber formulieren. Denn so cool «99 Moons» daherkommt, so authentisch er die Klubszene einfängt, so smooth der Soundtrack ist und so ungehemmt die unerfahrenen Hauptdarsteller spielen: Zwei Menschen, die einander wenig zu sagen haben, beim Sex zuzuschauen, ist irgendwann langweilig.

09.01.2023

3.5

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Kommentare

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martfu

vor einem Jahr

intensiver, dichter Film, der die wichtigsten Themen in unserem Leben anspricht: Nähe-Distanz, Sex-Liebe, Kind-keinKind, Reisen-Sesshaftwerden, Freiheit-Bezogenheit, Konventionen-borntobewild.....und überzeugend gespielt. Ich finde mich wieder, in so vielen Szenen, dabei gehöre ich zur älteren Generation. Tröstlich und vielleicht auch beunruhigend zu wissen, dass die jüngere Generation an denselben Fragen hängt, leidet und auch Genuss findet. Und dass Sex wichtig ist, und irgendwie mit Liebe zu tun hat, und manchmal auch nicht. Gut gemacht!Mehr anzeigen


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