Midnight Family Mexiko, USA 2019 – 90min.

Filmkritik

Das absurde Geschäft mit dem Kampf ums Überleben

Zurich Film Festival
Filmkritik: Zurich Film Festival

In Mexiko hat das Überleben seinen Preis: In der Haupstadt Mexiko-Stadt konkurrieren zahlreiche private Ambulanzen mit der staatlichen Flotte von gerade mal 45 Rettungsfahrzeugen. Da die staatlichen Ambulanzen immer Vorrang haben, müssen die privaten Anbieter jeweils bis zu einer halben Stunde am Unfallort ausharren, bis sie tatsächlich die Opfer medizinisch behandeln dürfen. Die Dokumentation Midnight Family zeigt das absurde Geschäft mit dem Kampf ums Überleben.

Rasant fährt der Rettungswagen durch die Strassen der mexikanischen Hauptstadt. Als die Sanitäter am Unfallort ankommen, müssen sie zuerst einem Polizisten ein paar Hundert Pesos in die Hand drücken. Erst nach der Transaktion dürfen sie zu den Opfern, um sie zu versorgen. Grund dafür ist, dass es sich bei der Ambulanz nicht um eine staatliche handelt. Private Anbieter müssen nämlich den staatlichen immer den Vorrang lassen und eine ganze halbe Stunde abwarten. Kommt keine staatliche Ambulanz, darf sich die private den Verletzten annehmen.

Das macht die Familie Ochoa jede Nacht mit, die in Midnight Family porträtiert wird. Dabei kämpfen nicht nur ihre Patienten ums Überleben. Auch die Familie hat mit Geldsorgen zu kämpfen, denn das Geschäft ist kein leichtes. So wollen die „Geretteten“ oder deren Angehörige jeweils die Kosten für den Transport nicht bezahlen – und die Arbeit der Ochoas war umsonst. Midnight Family zeigt, wie kaputt das Gesundheitswesen in Mexiko ist: Sogar das Retten von Menschenleben unterliegt einem kapitalistischen Konkurrenzkampf.

Am Sundance Film Festival wurde Midnight Family von Luke Lorentzen mit dem Special Jury Award für Cinematography ausgezeichnet. Am Zurich Film Festival 2019 lief der Film in der Sparte Internationaler Dokumentarfilm im Wettbewerb und wurde von der Jury mit einem besonderen Vermerk bedacht.

Der amerikanische Dokumentarfilmer schafft es in der Doku ohne Kommentar oder Wertung, den ungewöhnlichen Alltag der Familie festzuhalten und zeigt anhand diesem das desaströse Krankenversorgungssystem von Mexiko. Dafür soll Lorentzen drei Monate lang jede Nacht in der Ambulanz der Familie Ochoa mitgefahren sein. Herausgekommen ist ein eindrücklicher Film, der zeigt, dass an manchen Orten alles einen klaren Preis hat. Auch ein Menschenleben.

03.01.2020

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