Seed - Unser Saatgut USA 2018 – 94min.

Filmkritik

Eine Saat, die nicht aufgeht

Rolf Breiner
Filmkritik: Rolf Breiner

Samen, Saatgut sollte Allgemeingut sein, sozusagen ein Menschenrecht. Doch die Samenvielfalt ist in Gefahr, seitdem grosse Biotech-Konzerne mitmischen und Saatgut gentechnisch verändern und monopolisieren. Ein packender Dokumentarfilm klärt über dramatische Verluste auf.

Das Angebot ist gross, die Vielfalt offensichtlich. Doch da täuschen wir uns als Konsumenten. Dass die Gurken gerade sind, die Tomaten knallig rot (aber selten nach Tomaten schmecken), dass die Äpfel knackig rund und wie angemalt aussehen, die Kartoffel Form haben und die Salate frisch geputzt ausliegen, freut das Auge des Konsumenten. Viele Produkte scheinen genormt, die Produktion auf Rentabilität getrimmt. Da passen Aussenseiter wie angekratzte und verbeulte Kartoffeln oder fleckiges Obst nicht ins Bild beziehungsweise Angebot. Was steckt dahinter, wie konnte es dazu kommen?

Nein, es sind nicht die Gebote und Normen aus Brüssel, sondern manipuliertes Saatgut, auf Effizienz getrimmt. Längst haben Biotech-Konzerne wie Syngenta oder Bayer/Monsanto das Kommando übernommen. Sie locken und verlocken Bauern mit hochpotenziellem, gentechnisch verändertem Saatgut. Und das hat Folgen. Die Böden werden ausgezehrt, und ohne Pestizide geht gar nichts. Monokulturen haben die Vielfalt verdrängt, ihr den Garaus gemacht.

90 Prozent aller Saatgutsorten sind verschwunden, berichten die Filmer Taggart Siegel und Jon Betz. Umweltaktivisten wie die Inderin Vandana Shiva, die britische Verhaltensforscherin Jane Goodall oder der britisch-indische Schriftsteller Raj Patel klären auf und kommentieren. Sie berichten vom Kampf der Indios um ihren Mais in Mexiko oder von der Organisation Native Seeds in Arizona und Mexiko.

Die Saat, quasi ein biblisches Gut, ist zu einer Ware geworden – kontrolliert, manipuliert, aussortiert. Mit ihrem Film appellieren Siegel und Betz, das verbliebene Saatgut zu retten, zu stärken, an Verantwortung zu appellieren. Ursprünglich, erfährt man, hatten die Menschen das Recht auf freie Verwendung von Samen. Das mag heute theoretisch noch so sein, doch kontrollieren global agierende Konzerne einen Drittel des Marktes mit patentierten Hybridsamen, machen abhängig – und Riesenprofite. Landwirte begeben sich in Abhängigkeiten, oft in eine Schuldenspirale.

Der Kampf um freie Samennutzung hat viele mobilisiert. Samen-Bibliotheken wurden gegründet, Gemeinschaftsgärten angelegt. «Wir müssen die Vielfalt, Integrität und Freiheit des Lebens schützen», appelliert Vandana Shiva. «Das Saatgut muss frei sein, damit wir Menschen frei sein können.» Siegel und Betz haben mit ihrem packenden Dokumentarfilm einen eindringlichen Beitrag geleistet. Wer sich über Umwelt und Ernährung Gedanken macht, sollte diesen Film mit phantastischen Aufnahmen unbedingt anschauen.

16.01.2019

4.5

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