Mackie Messer - Brechts Dreigroschenfilm Deutschland 2018 – 130min.

Filmkritik

Gegen die zahnlose Kunst

Cornelis Hähnel
Filmkritik: Cornelis Hähnel

Die Odontologie des Haifischs ist seit nunmehr 90 Jahren fester Bestandteil der Popkultur: Ob Frank Sinatra, Nick Cave, Helge Schneider oder Robbie Williams, sie alle haben bereits die Zähne des imposanten Meeresbewohners besungen. Aber spätestens als die irische Boygroup Westlife «Die Moritat von Mackie Messer» gecovert hat, war klar, dass der Song nach der jahrelangen und omnipräsenten Brachialverwurstung ein paar Jahre Schonfrist verdient hätte. Aber nein, die Haifischzähne blitzen weiterhin auf, und auch Regisseur Joachim A. Lang hat den gewieften Gaunerboss nun als Protagonist für seinen gleichnamigen Film genommen – Ohrwurm inklusive.

Berlin, 1928. Bertolt Brecht (Lars Eidinger) steckt mit seinem Ensemble in den letzten Proben für sein neuestes Stück, der «Dreigroschenoper». Doch die Produktion steht unter keinem guten Stern, ständig müssen Rollen umbesetzt und Änderungen vorgenommen werden. Kurzum: Alle Beteiligten befürchten, dass das Stück zu einem Desaster wird. Überraschenderweise ist die Premiere aber ein fulminanter Erfolg, und schon bald klopfen die grossen Filmstudios an Brechts Tür, um eine Verfilmung zu planen. Aber Brecht ist nicht bereit, nach den Regeln der Filmindustrie zu spielen, sein «Dreigroschenfilm» soll völlig neu, kompromisslos und politisch sein, die Produktionsfirma hingegen will einen Kassenschlager drehen. Und so entspinnt sich ein Machtkampf zwischen künstlerischen Visionen und kommerziellen Interessen...

Mit Mackie Messer hat Lang die Dreigroschenoper nicht einfach nur auf die Leinwand gebracht, er erzählt zugleich von Brechts (erfolglosen) Bemühungen, das Stück zu verfilmen. Behutsam hat er daher die Handlung des Stücks in die historische Realität eingebunden, wobei die beiden Erzählebenen immer mehr miteinander verschmelzen. Lang hat zudem Brechts Exposé für seinen Dreigroschenfilm als Grundlage verwendet, wodurch man als Zuschauer eine Ahnung bekommt, wie Brechts Verfilmung aussehen hätte können. Allerdings wandelt Lang mitunter zu sehr auf Brechts Spuren, denn alles was Brecht im Film sagt, basiert auf seinen Zitaten – und so klingt die Regielegende über weite Strecken wie ein neunmalkluger Besserwisser.

Aber apropos Besserwisser: Dank der hochkarätigen Besetzung, der opulenten Ausstattung und der geschickten Verknüpfung der Handlungsstränge ist die Neuverfilmung mehr als eine aufgehübschte Deutschkurs-Pflichtveranstaltung geworden. Lang gelingt es, die politische Ebene des Stücks auch in der Rahmenhandlung fortzuführen und zugleich mit musical-verkitschten Tanzszenen irritierende Spannungsmomente zu inszenieren. Denn Mackie Messer ist auch ein Film über die Relevanz einer kreativen Haltung, den Kampf um die Freiheit der Kunst und den Glauben an ihre soziale Kraft. Und zugleich wird deutlich, wie aktuell die Dreigroschenoper auch heute noch ist.

26.03.2024

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