CH.FILM

Architektur der Unendlichkeit Schweiz 2018 – 85min.

Filmkritik

Endliches im Unendlichen

Rolf Breiner
Filmkritik: Rolf Breiner

Er hatte immer schon ein Faible für Architektur, der Zürcher Filmer Christoph Schaub. Sein jüngstes Dokumentarwerk befasst sich mit umbautem und freiem Raum und wirft dabei philosophische und essentielle Fragen auf. Eine denkwürdige Reise mit Peter Zumthor, Peter Märkli, Álvaro Siza Viera, James Turrell zu Sakralbauten und anderen Räumen.

Raum ist ein Medium der Architektur – aber nicht ausschliesslich. Architektur fasst Räume, umbaut und gestaltet sie, begrenzt, erweitert und öffnet sie. Der Filmer Christoph Schaub (Bird's Nest, Sternenberg, Giulias Verschwinden) wollte die emotionale Wirkung von Räumen erforschen und dokumentieren. Ausgangpunkt sind sakrale Bauten wie die Barockkirche im Kloster Maria Stein (Kanton Solothurn) oder die romanische Kirche in Biron (Charente-Maritime).

Schaubs Film versteht sich nicht als Reiseführer oder Architekturdokument, sondern als filmisches Essay und Reflexion über das Zusammenspiel von Licht und Raum, Natur und Existenz. Ein Ich-Erzähler bringt eine persönliche Note ein. Ursprünglich ging es Schaub bei seinem Filmprojekt um die eigentliche Architektur, um Geschichte und Bedeutung von Kirchen. Doch je intensiver er sich damit beschäftigte, desto tiefer drang er in die Räume, ihre Wirkung und Sinnlichkeit ein. Kirchen, so seine Erkenntnis, sind nicht nur Orte der Geborgenheit und des manifestierten Glaubens, sondern «thematisieren das Jenseits als Gegenentwurf zum endlichen Leben auf der Erde».

Auf seiner Reise von der Schweiz nach Frankreich, Spanien und Portugal, nach Deutschland und Schweden findet er etwa eine «weisse Welt» in der Igreja Santa Maria de Marco da Canaveses (1994-97) von Álvaro Siza Vieira, einer Kirche mit räumlicher Klarheit und geometrischer Abstraktion. Die Feldkapelle (2005-2007) in der Eifel haben die Landwirte Trudel und Hermann-Josef Schweidtweiler dem Schweizer Heiligen Bruder Klaus gewidmet – aus Dankbarkeit.

Peter Zumthor hat sie entworfen, einen Turmbau aus Fichtenstämmen, nach oben offen, ein Ort der Einkehr und persönlichen Meditation – ohne Altar. Als «lichter Raum» entpuppt sich Skogskyrkogården, ein Waldfriedhof in Stockholm, zwischen 1917 und 1940 angelegt und ausgebaut. In die Liste des Weltkulturerbes der Unesco aufgenommen als bedeutenden Beispiel «für die Verschmelzung von Architektur und Kulturlandschaft ». Ganz anders der zylindrische Skyspace in Zuoz, das Kunstobjekt (2005) von James Turell, quasi ein Aussenposten seines Skyspace in Arizona. Es symbolisiert Licht und Kosmos.

So entstand eine universelle, filmisch-philosophische Betrachtung über Architektur, innere und äussere Räume, über Endlichkeit im Unendlichen. Prägend trugen dazu auch die Statements namhafter Architekten (Zumthor, Turrell, Álvaro Siza Viera, Peter Märkli), die Arbeiten der Künstlerin Cristina Iglesias (Installationen, Bildhauerin) und die Musik des Schlagzeugers Jojo Mayer bei. Sinnliche, denkwürdige Begegnungen.

28.01.2019

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