CH.FILM

A Bright Light – Karen and the Process Schweiz 2018 – 94min.

Filmkritik

Faszinierende Songs wie aus einer anderen Welt

Irene Genhart
Filmkritik: Irene Genhart

Emmanuelle Antille spürt den Liedern und dem Leben der Blues- und Folk-Sängerin Karen Dalton nach. Ihr Film ist auch eine Reise ins Mystische der Kreativität.

Als sie – in einem Bus in Genf über eine Brücke fahrend – zum ersten Mal einen Song von Karen Dalton hörte, sei sie von deren Stimme schlagartig elektrisiert gewesen: Zusammen mit der Kamerafrau Carmen Jaquier und der Tonmeisterin Malika Pellicioli begibt sich die Westschweizer Filmemacherin Emmanuelle Antille auf die Spurensuche nach der irisch-indianischen Sängerin, von der bis dato allgemein wenig mehr bekannt ist, als ihre Lebensdaten (1937-1993), einige Fotos und zwei in den späten 60er-, frühen 70er-Jahren eingespielte Alben.

Ihre Reise beginnt beim Musiker Billy Mitchell, der Dalton während ihrer grössten Zeit, nämlich in den 1960er-Jahren, traf – als sie sehr jung Mutter geworden mit ihrer Tochter Abra im New Yorker Künstlerviertel Greenwich-Village auftauchte und in Bars und Musikkneipen auftrat. Als „Billie Holliday“ von Greenwich-Village hat man sie damals manchmal bezeichnet. Zu ihren Bewunderern gehörten Bob Dylan und Nick Cave, es gibt noch heute gerade auch junge Künstlerinnen, wie die Singer-Songwriterin Larkin Grimm, die Karen Dalton als ihr grosses Vorbild bezeichnen.

Mitchell hat selber mit Dalton musiziert, sie auf ihrer „Black Beauty“ genannten Gibson begleitet. Er stellt Antille eine Frage, die zum Leitmotiv dieses Filmes wird, der den Orten und Menschen nachreist, die Dalton wichtig waren. „Woher kommt Kreativität?“, lautet sie und fragt implizit nach dem Prozess, den ein Künstler durchläuft, wenn er frei assoziierend Neues schafft. Es ist dies eine Frage, die auch in Daltons Tagebüchern auftaucht, und die sich Antille im Laufe ihres Filmes immer wieder stellt.

Obwohl die Quellenlage ursprünglich mager war, und Antille zwischendurch an ihrem Vorhaben zweifelt, hat sie schliesslich reiche Schätze geborgen. Und wenn sie irgendwann fragt, wie man einen Menschen beschreibt, dem man selber nie begegnet ist, so liefert sie mit A Bright Light die schönste Antwort. Indem sie die Zuschauer in dessen Verlauf nicht nur Karen Daltons einmalige Stimme entdecken lässt, sondern auch ihre Tagebücher, ihre Songtexte und Gedichte, sowie Menschen, die ihr nahe standen. Es erheben sich daraus die Spuren eines Frauenlebens, das von Herkunft, Geschlecht, psychischer Konstitution (Dalton war sehr sensibel und publikumsscheu), sowie dem Geist der (Hippie-)Zeit geformt, tragisch anmutet – aber für die betroffene Person vielleicht gleichwohl erfüllt war.

21.05.2019

4.5

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