Aloft Frankreich, Spanien, USA 2014 – 112min.

Filmkritik

Die Kraft des Falken

Cornelis Hähnel
Filmkritik: Cornelis Hähnel

Der britische Meister des sozialrealistischen Films Ken Loach wird auf der diesjährigen Berlinale mit einem Ehrenbären für sein Lebenswerk ausgezeichnet. In seinem zweiten Kinofilm Kes aus dem Jahr 1969 erzählt er von der ungewöhnlichen Freundschaft eines Jungen zu einem Falken. Die peruanische Regisseurin Claudia Llosa erzählt in ihrem Wettbewerbsbeitrag Aloft ebenfalls von einem Falkner, jedoch mit einem gänzlich anderen Ansatz.

Anmutig zieht der Falke am Himmel seine Kreise, Ivan folgt ihm mit seinen Blicken. Der Raubvogel ist für den kleinen Jungen eines der wichtigsten Dinge in seinem Leben. Denn die Aufmerksamkeit seiner Mutter Nana (Jennifer Connelly) gilt vor allem seinem schwerkranken Bruder Gully. Als eines Tages ein Heiler das kleine Örtchen besucht, entdeckt Nana ihre eigene heilende Kraft. Doch ein tragischer Unfall reißt die Familie auseinander.Jahre später macht sich Ivan (Cillian Murphy) zusammen mit einer jungen Journalistin auf die Suche nach seiner Mutter, die mitten auf einem gefrorenen See Kranke heilen soll. Doch die Fahrt über die eisige Weite reißt alte Wunden auf.

2009 gewann Claudia Llosa den Goldenen Bären für ihr Drama Eine Perle Ewigkeit und auch ihr neuer Film Aloft bedient sich am überwältigenden Potential des Kinos. Llosa, die auch für das Drehbuch verantwortlich ist, behandelt darin die Themen Schuld und Vergebung, Hoffnung und Verantwortung. Dabei erzählt sie zwei Zeitebenen parallel, zum einen Ivans Kindheit und zugleich seine Suche nach seiner Mutter als erwachsener Mann. Dies tut sie mit eigenwilliger Poesie: die Arbeit Ivans als Falkner ist gleichsam faszinierend wie die Momente, in denen seine Mutter Nana ihr schamanenähnliches Heilungspotential entdeckt und in tranceähnlichen Zuständen auf aus Reisig gebauten Schaukeln durch den Wald pendelt.

Doch so unrealistisch und bizarr diese Ausflüge klingen mögen, sind sie ganz selbstverständlich in das Geschehen eingewoben, und man zweifelt keine Minute an deren Richtigkeit. Denn Llosa ist eine begnadete Erzählerin. So hat sie trotz aller dramatischen Elemente auch immer ein Auge für eine feine Komik, die sie wohl dosiert einstreut und so ein Gleichgewicht herstellt. Und sie hat einen Blick für Kraft der Bilder. Ähnlich wie Nana fragile Skulpturen aus Ästen baut, erschafft Llosa ebenso zarte Momente, die sich im Gegenlicht der Sonne zu einer fast transzendenten Bildkomposition verdichten. Die endlosen Schneelandschaften und die Flüge des Falken beeindrucken mit ihrer sehnsüchtigen Weite und verdeutlichen zugleich die unberechenbare Kraft der Natur. Es ist diese Mischung aus künstlerischer Ästhetik und Naturgewalt, mit der sie die Zuschauer verzaubert. Und gerne begibt man sich auf die sonderbare Reise über das Eis.

14.02.2014

4

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