Gold Deutschland 2013

Filmkritik

Langer Ritt durch weite Landschaft

Walter Gasperi
Filmkritik: Walter Gasperi

Thomas Arslan erzählt in seinem Western gelassen von sieben deutschen Auswanderern, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts zu einem Treck durch die Wildnis Nordkanadas aufbrechen.

Nachdem Thomas Arslan mit Im Schatten eine meisterhafte Variation der Gangsterfilme von Jean-Pierre Melville gelang, verbindet er in Gold den spröden Stil der Berliner Schule mit einer 1898 spielenden Westerngeschichte. So einfach wie der Titel ist auch die Erzählweise. Arslan konzentriert sich ganz auf die Auswanderergruppe, die zwei Jahre nach Ausbruch des Goldrausches am nordkanadischen Klondike-River zu einem 2500 Kilometer langen Treck zur Goldgräberstadt Dawson aufbricht.

In ruhigem Rhythmus wechseln Landschaftstotalen, die von der Musik von Dylan Carlson akzentuiert werden, mit Szenen innerhalb der Gruppe. Nur wenig wird gesprochen, kaum etwas erfährt man über die Biographie der Auswanderer, zu denen auch das Dienstmädchen Emily Meyer (Nina Hoss) und der Cowboy Carl Boehmer (Mirko Mandic) zählen. Ein Mitreisender (Uwe Bohm) möchte für eine Zeitung über den Treck berichten, ein anderer (Lars Rudolph) hofft seiner Familie mit dem Reichtum ein besseres Leben zu ermöglichen.

Arslan baut keine dramatischen Szenen auf, er konzentriert sich auf alltägliche Arbeiten, aufs Reiten, sich langsam aufbauende Konflikte innerhalb der Gruppe und sich sukzessive steigernde äussere Gefahren. Bald wird klar, dass der Anführer selbst (Peter Kurth) die Route nicht kennt, der Planwagen muss zurückgelassen, ein Pferd, das zusammenbricht, erschossen werden. Nur der Zuschauer weiss, dass sich auch zwei Cowboys auf der Verfolgung Carl Boehmers befinden.

Statt zu psychologisieren lässt Arslan seine Figuren sich über ihre Handlungen definieren. Nie kommt Hektik auf, jeder Schnitt ist überlegt gesetzt. In seiner entschlackten und entschleunigten Erzählweise, die dem Zuschauer viel Zeit zum Schauen und Atmen lässt, steht Gold ganz in der Nachfolge der Western eines Budd Boetticher und erzählt zuerst und vor allem von dem, was gezeigt wird: von der sich ändernden Landschaft, den Entbehrungen und Strapazen der Reise, der Zeit, die nötig ist, um einen Weg zurückzulegen, aber auch wie sich einerseits unter den äusseren Belastungen die Gruppe zersetzt und sukzessive dezimiert wird, andererseits Carl Boehmer und Emily Meyer sich ganz langsam näherkommen. Einlassen muss man sich freilich auf diese Langsamkeit, dann aber kann Gold mit seinem wunderbar kontrollierten Rhythmus und seinen grossartigen Bildern (Kamera: Patrick Orth) einen Sog entwickeln.

12.02.2013

4

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Kommentare

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8martin

vor 2 Jahren

Thomas Arslan hat den Western nicht neu erfunden. Er hat einen leisen, ganz andersartigen Film gemacht. Ende des 19. Jahrhunderts macht sich eine Gruppe auf den Weg zum Klondike, um dort Gold zu finden. Wenig Action, ebenso wenig Worte aber eine wunderschöne, abwechslungsreiche Landschaft. Erst in den letzten zehn Minuten kommt so etwas wie Spannung auf. Der Gruppe ergeht es nach dem Zehn-Negerlein-Prinzip. Dabei kommt es Arslan wohl darauf an, ein Gruppenbild aus der Pionierzeit zu zeigen und so betont er die inneren Konflikte, die Einsamkeit und die Strapazen. Der Guide Wilhelm Laser (Peter Kurth) hat keine Ahnung von der Route und will nur das Geld, Müller (Uwe Bohm), der saufende Pechvogel tappt in eine Bärenfalle, das Ehepaar Dietz gibt auf und kehrt um, Rossmann (Lars Rudolph) verliert den Verstand und nimmt sich das Leben und der Packer Böhmer (Marko Mandic) hätte es fast geschafft und die einzige Überlebende Emily (Nina Hoss) als Belohnung gekriegt, wären da nicht zwei Kopfgeldjäger hinter ihm her gewesen. Diese Emily trägt den Film in seiner ganzen Handlungsarmut. Sie überstrahlt die Leere und die Gefahr. Eine Frau, die psychisch und auch physisch in der Lage ist diesen Treck durchzustehen, ist den Männern überlegen. Und sie muss durchkommen, denn zu Hause gibt es nichts wofür es sich lohnt zurückzukehren. Mit ihrem gesunden Menschenverstand ist sie die heimliche Führerin. Der Erfolg gibt ihr Recht.
Wenn die Gruppe diskutiert, ob man weitergehen oder umkehren soll, den Guide aufhängen oder laufen lassen soll, handelt sie. Ihre Stärke ist die Einsicht in die Notwendigkeit. Nicht jedermanns Sache. Ganz bestimmt nicht für Western Fans.Mehr anzeigen


Patrick

vor 7 Jahren

Gemälicher Arthouse Western mit schönen Landschafts Aufnahmen und einer famosen Nina Hoss.Nina Hoss spielte auch in der neusten Homland Staffel (aus dem Jahre 2015) mit, beide Filme/Serien sind als DVD erhältlich


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