CH.FILM

Mein erster Berg, ein Rigi Film Schweiz 2012 – 97min.

Filmkritik

Mein erster Berg

Geri Krebs
Filmkritik: Geri Krebs

Seit Erich Langjahr 2006 das Das Erbe der Bergler realisierte, hat das Schweizer Kino eine beispiellose Welle von Dokumentarfilmen erlebt, die das Landleben verklären. Mit diesen hat das Werk von Erich Langjahr nichts zu tun: Mein erster Berg beweist dies noch eindrücklicher als seine früheren Filme.

Seit 35 Jahren beschäftigt sich Erich Langjahr mit Bildern vom Leben der ländlichen Schweiz. Es ist der Zusammenprall von bäuerlicher Tradition mit einer rundum globalisierten Welt, der bei all den acht in diesem Zeitraum entstandenen Filmen im Zentrum steht - am stärksten vielleicht in seinem vor nunmehr zwanzig Jahren entstandenen Bauernkrieg, wo die ohnmächtige Wut der Bauern dramatisch sichtbar wird, die gewahr werden, dass sie eigentlich nicht mehr gebraucht werden.

Mein erster Berg macht diese Spannung in der Figur des Märtel Schindler deutlich, eines auf den ersten Blick knorrigen Bergbauern. Schindler hat zwar einen Hof an den Hängen dieses Berges, ist mit Leib und Seele Bauer. Doch um das sein zu können, arbeitet er auch noch als Bauarbeiter und als Angestellter bei der Rigi-Bahn, die jedes Jahr Hunderttausende von Ausflüglern auf diesen Berg hochfährt, der auf der frühesten noch erhaltenen Landkarte der Schweiz aus dem 15. Jahrhundert als Zentrum der Welt gezeichnet wurde.

Es wäre ein Leichtes gewesen, aus der Tatsache, dass die Rigi in vielem der Inbegriff einer Vermarktung und Eventisierung des Ländlichen ist, einen denunziatorischen Film zu realisieren, der sich über die Auswüchse dieser Entwicklung lustig macht. Doch das ist nicht die Art von Erich Langjahr, dem Bild- und hier auch: Klang-Poeten, der aus allem, was er filmt, eine kleine Geschichte zu entwickeln versucht, ohne dabei viele Worte zu verlieren. Zwar gibt es in Mein erster Berg einige schreiend komische Szenen mit Trachtenfiguren aus Plastik, doch das sind nur kurz eingeblendete Kontrapunkte in einer Welt, welche die Faszination für die handwerkliche Präzision in der vielfältigen Arbeit Märtel Schindlers im Rhythmus der Jahreszeiten zeigt.

Gänzlich ohne Dialoge, dafür stets mit einem aufs Äusserste verfeinerten Sensorium für noch so feine Schattierungen bei Geräuschen, Klängen und Rhythmen aus der Umwelt, entwickelt Langjahr hier in Zusammenarbeit mit dem Musiker Hans Kennel und einigen andern einen so frei wie klar strukturierten Bilder- und Klangteppich. Mit ganz schlichten Elementen, wie etwa dem rhythmischen Klang vom Einschlagen riesiger Zaunpfähle oder dem immer wieder die Bildmitte markierenden Funkturm auf Rigi Kulm schafft es Mein erster Berg, einen Spannungsbogen aufrecht zu erhalten, der für einen Film, in dem nach landläufigen Kriterien "nichts passiert", schlicht grossartig ist. Nur ein so erfahrener Cineast wie Erich Langjahr konnte es wagen, einen formal so radikalen Film zu machen und dabei keinen Moment lang zu langweilen.

17.10.2012

4

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