The Source Belgien, Frankreich, Italien 2011 – 135min.

Filmkritik

Junge Frauen gegen alte Paschas

Filmkritik: Eduard Ulrich

Die Frauen eines arabischen Dorfes holen täglich Wasser von einer Quelle in den Hügeln oberhalb. Das ist gefährlich und anstrengend. Als wieder eine junge Frau verunfallt, beschließen sie, die unterbeschäftigen Männer einzuspannen. Radu Mihalieanu inszeniert diesen klassischen Stoff routiniert, aber plakativ. Manchmal fühlt man sich ans didaktische Filmschaffen vergangener, nachrevolutionärer Epochen erinnert.

Während der arabische Frühling in einigen Ländern die großen Unterdrücker hinwegfegte, blieb der Alltag im Kleinen unverändert mühselig, und die Stellung der Frau ist keinesfalls eindeutig verbessert worden. Genau da setzt Mihalieanu an, indem er einen historisch verbrieften, ähnlich gelagerten Steitfall aus der Türkei nach Nordafrika verlegt und mit einem Einfall aus der Antike kombiniert. Von der Revolution ist freilich noch nichts zu spüren, den Unruheherd bildet eine junge, frisch vermählte Frau aus einem anderen Dorf.

Sie kann lesen und schreiben und bringt nicht nur Vorstellungen mit, die den Alteingesessenen nicht in den Kram passen, sie wird auch noch von ihrem aufgeschlossenen Ehemann unterstützt, der sich bald selbst Anfeindungen ausgesetzt sieht. In diesen Mikrokosmos ohne Strom und fließendes Wasser, ohne Fernsehen und Allgemeinbildung, der ein Leben im Mittelalter abzubilden scheint, brechen antipatriarchale Vorschläge und Mobiltelefone wie übermächtige Eroberer einer zukünftigen Zivilisation ein und mischen die etablierten Strukturen und Gepflogenheiten kräftig auf.

Trotz der schönen Bilder und der ansprechenden Tonspur mit beispielsweise den gellenden "Schlachtrufen" arabischer Frauen wird man nicht glücklich. Die Figuren sind zu einfach gestrickt, ihre Funktionen zu durchsichtig, als dass man wirklich mitfühlen könnte. Da wird zuviel hineingepackt, das wenig mit der Geschichte zu tun hat: Eine labile Fernbeziehung, ein gebrochenes Heiratsversprechen, Analphabetismus und islamistischer Extremismus.

Auch muss sich die Anteilnahme des Publikums auf gar viele Mitwirkende verteilen. Die schöne, auch im Westen bekannte Hiam Abbass muss sich mit einer undankbaren Nebenrolle begnügen, die Hauptrollen sind attraktiv, aber mit wenig erfahrenen Kräften besetzt. So wirkt dieses Lehrstück solidarischer Frauenaktion wie ein Echo auf die staatspolitischen Umwälzungen - allerdings ohne die formale Strenge und emotionale Dichte ähnlich gelagerter Hauptwerke.

15.02.2012

3

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Kommentare

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susannebuehlmann

vor 12 Jahren

Sehenswert


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