Armadillo Dänemark 2010 – 100min.

Filmkritik

Kriegst du Frieden?

Filmkritik: Eduard Ulrich

2009 begleitete der dänische Dokumentarfilmer Janus Metz eine kleine Truppe junger Soldaten nach Afghanistan. Was er uns zeigt, scheint ein ungeschminktes Abbild des Alltags zu vermitteln, der abrupt von Langeweile in akute Todesgefahr umschlagen kann. Die Authentizität der Atmosphäre wird leider durch die widerliche Überlagerung der originalen Stimmen mit abgenutzten deutschen Synchronstimmen ruiniert: unerträglich, aber sehenswert.

Wer sich fragt, wie man die europäische Demokratie am Hindukusch verteidigt, weil man sich eigentlich nichts sinnvolles unter dieser Floskel vorstellen kann, bekommt hier fast ungefiltertes Anschauungsmaterial. Und genauso wie die Einschätzungen dieses Einsatzes himmelweit auseinanderklaffen je nachdem, ob sich die Mutter Sorgen um ihren einzigen Sohn macht, der sich dazu verpflichtet hat, oder ob dieser Jungspund seine in der Ausbildung erworbene Kampftechnik endlich praktisch nutzen will, so wird dieser sehr gut gemachte Dokumentarfilm ambivalente Gefühle und antagonistische Urteile provozieren.

Analog erscheint die Armee einerseits als ein anachronistisches, demokratiefeindliches System, in dem die Soldaten indoktriniert werden, damit sie nicht über den eigenen Tellerrand hinaus blicken und bedenkenlos den Befehlen gehorchen. So können sie im Ernstfall auch nicht die kriegsrechtlich korrekten Entscheidungen fällen, was ihnen unangenehme Kritik in den dänischen Medien einträgt, die wiederum den Solidarisierungsdruck der Gruppe erhöht. Andererseits erlaubte es diese Armee den Filmemachern offensichtlich, weitgehend unbehindert und unzensiert sowohl in der nordafghanischen Festung Armadillo als auch auf Patrouille zu filmen und sich in wirkliche Gefahr zu begeben.

Der Lohn sind ungeschminkte Bilder von der durchaus nervtötenden Routine und der kaum vernünftig zu nutzenden Freizeit, aber auch hochdramatische Kriegseinsätze mit Feindkonktakt. Daneben Verhandlungen mit der örtlichen Bevölkerung, die nicht nur unter den Drohungen der Taliban, sondern auch unter den Militäraktionen der dänischen Soldaten zu leiden hat, denen nicht selten Pflanzen, Tiere, Häuser und Zivilisten - vorwiegend Frauen und Kinder - zum Opfer fallen, obwohl sie eigentlich den Aufbau einer demokratischen Gesellschaft vorantreiben sollen. Schade allerdings, dass diese Soldaten nur kurz Gelegenheit bekommen, ihre eigene Einstellung zu erläutern.

Janus Metz errang mit seinem ersten Langfilm in Cannes den Preis der "Semaine de la critique".

16.05.2011

3

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