The Limits of Control Japan, USA 2009 – 116min.

Filmkritik

Zen-Thriller

Sarah Stähli
Filmkritik: Sarah Stähli

Nach "Broken Flowers" schickt Jim Jarmusch erneut einen Mann auf eine mysteriöse Reise. Den visuell stupenden Minimal-Thriller sollte man wie ein Musikstück auf sich wirken lassen und sich nicht über die Handlung den Kopf zerbrechen.

Ist er ein Terrorist, Mafioso oder gar in höherer Mission unterwegs? Sicher ist nur: Der geheimnisvolle Fremde (Isaach De Bankolé) hat einen Auftrag zu erfüllen. Auf dem Weg dorthin werden "Lone Man" - alle Figuren bleiben den Film hindurch ohne Namen - allerlei buddhistisch angehauchte Weisheiten mit ins Gepäck gegeben: "Das Leben hat keinen Wert" oder "Die Realität ist arbiträr" etwa, und er trifft auf eine Reihe eigentümlicher Frauen und Männer (Tilda Swinton, Gael García Bernal, John Hurt und Bill Murray). Der rätselhafte Protagonist ist wortkarger als alle bisherigen Figuren des Godfather des Indiefilms, der die Figur des einsamen Wolfes perfektioniert hat.

Mit der Eleganz eines Dandys bewegt sich De Bankolé durch diese Odyssee quer durch Spanien. Das ist visuell grandios - die Handlung wird zweitrangig. Die Verschmelzung der Bilder von Wong Kar-Wais Kameramann Christopher Doyle und der Musik der japanischen Experimentalband Boris genügen für ein langes Musikvideo, das eher auf der assoziativen Ebene als auf der rationalen funktioniert. Jede Einstellung in diesem existenzialistischen Thriller ist ein durchkomponiertes Bild, jeder Dialogfetzen eine Lebensweisheit.

Jarmuschs detailverliebte Filmsprache schenkt einem Teller mit Birnenschnitzen genauso viel Beachtung, wie einer nackten Frau. Leider fehlt dem minimalistischen Zen-Thriller der Humor des Vorgängerfilmes "Broken Flowers", obwohl manche Szenen beinahe wie eine sanfte Parodie auf den mysteriösen Thriller an sich wirken. Tilda Swinton als «Blondine» schwärmt von Orson Welles «Lady from Shanghai» und Alfred Hitchcocks «Suspicion», und Jarmusch meint in einem Interview augenzwinkernd, er habe sich vorgestellt, wie es aussehen würde, wenn Jacques Rivette ein Remake von John Boormans «Point Blank» drehen würde, oder Marguerite Duras Jean-Pierre Melvilles «Le Samourai» neu interpretiert hätte. In diesem Sinne ist sein elfter Film auch eine Hommage ans Kino.

Der Verlauf der Geschichte ist von Regelmässigkeiten geprägt, die sich im Rhythmus des Filmes widerspiegeln. Der Protagonist bestellt immer zwei Espressi gleichzeitig, er zieht dieselben Runden durch die Stadt und unternimmt mit seinen Wegbegleitern den immer gleichen Tauschhandel: Er erhält bei jedem Treffen eine neue ominöse Zündholzschachtel, in der er den Code findet, der seine weitere Reise bestimmt. Als Zuschauer verliert man sich gerne in diesem geschmackvollen Trip, den man eher wie ein Musikstück als wie ein Film auf sich wirken lassen sollte. Ein Gesamtkunstwerk ist Jarmusch neuster Streich auf jeden Fall, für ein Meisterwerk reicht es leider nicht.

09.12.2011

4

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Kommentare

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oberon7

vor 12 Jahren

... ach übrigens, die Sache mit den Zettelchen könnte Bezug haben zu: "In der Folge wurde die Sage durch weitere derartige Charakteristiken angereichert, so etwa derjenigen, dass erst ein Zettel oder Plättchen unter der Zunge den Golem zum Leben erwecke. " aus: http: //de. wikipedia. org/wiki/GolemMehr anzeigen


Gelöschter Nutzer

vor 14 Jahren

ein meisterwerk im wahrsten sinne des wortes.


tschounes1

vor 14 Jahren

The Limits of Control ist ganz klar nicht sehenswert und ein filmemacherisches Debakel. Richtig: der Film hat visuelle Stärken wie z. Bsp. die Fahrt vom Madrider Flughafen zu den Towers, die wunderbaren Landschaften Spaniens oder der Auftritt von Tilda Swinton. Jedoch ist dieser Film vom Anfang bis zum Ende total langweilig, steif, nichtssagend und vor allem überhaupt nicht unterhaltend. Man sollte die grenzenlose Ödheit dieses Films und seine Handlungsschwäche nicht zu begründen oder rechtfertigen versuchen.Mehr anzeigen


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