Marching Band Frankreich 2009 – 95min.

Filmkritik

Mit Tuten und Blasen zum Präsidenten

Rolf Breiner
Filmkritik: Rolf Breiner

Dokumentarfilmer Claude Miller hat das Blasorchester der State University of Virginia begleitet - 70 Tage vor der Wahl des ersten schwarzen US-Präsidenten bis zum grossen Tag am 4. November 2008.

Da muss jeder Griff sitzen, jede Bewegung, jeder Ton. Und die Uniform natürlich auch. Disziplin ist gefragt, Begeisterung und volle Einsatzbereitschaft. 260 junge Band-Leute wollen motiviert und dirigiert werden. Sie kommen aus allen möglichen Fachrichtungen und haben eines gemeinsam: Freude am Musizieren, wenn auch bisweilen in Marschordnung, und Einfügen in ein grosses Ganzes.

"Marching Band", so eine Definition, ist keine Blaskapelle, wie man sie etwa in New Orleans kennt, sondern ein Blasorchester, das zu Musik marschiert und sich formiert. Das Repertoire von Marching Bands besteht aus Popmusik und Blues, Marschmusik und Oldtime Jazz. Von der musikalischen Show-Seite legt die Grossformation aus Virginia nur begrenzt Zeugnis ab. Claude Miller, 1942 in Paris geboren, zeigt nur wenige Szenen von Live-Auftritten (etwa bei dem einheimischen Football-Team), sondern lenkt die Kamera lieber auf die Werkstatt, das heisst auf das Üben und Einstudieren komplizierter Bewegungsabläufe.

Im Zentrum seines Dokumentarfilms stehen jedoch die Ereignisse um den damaligen Präsidentschaftskandidaten Barack Obama. Dazu hat er Studenten und Studentinnen der University of Virginia (UVA) und der Virginia State University (VSU), einem traditionellen African-American College in Charlottesville, befragt - 70 Tage vor der Wahl bis zum entscheidenden Wahltag am 4. November 2008.

Sie alle, überwiegend Schwarze, werden vom Obama-Fieber gepackt. Für sie ist Obama Hoffnungsträger, zugleich der Mann für Wandlung und Veränderung. Sie spüren und sagen es auch, dass dieser Mann der USA die Wende bringen kann. Das gipfelt in einer Siegeseuphorie am entscheidenden Tag: "Der erste schwarze US-Präsident - und ich habe ihn gewählt!", jubelt eine junge Frau.

Trotz kleiner Durchhänger gelingt es Miller, das Interesse bis zum Wahl-Showdown wach zu halten. Eingeteilt in sechs Kapitel mündet das authentische Zeitdokument in emotioneller Entladung. Über die jungen Leute erfährt man wenig, wohl aber über die Stimmung um die Kandidatur Obamas, die Hoffnungen, die er ausgelöst hat, und die Begeisterung um seine Person, wie sie hierzulande wohl undenkbar wäre.

20.10.2023

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