CH.FILM

Going Against Fate Schweiz 2008 – 80min.

Filmkritik

Unter Dirigenten

Filmkritik: Cindy Hertach

Die deutsche Filmemacherin mit dem klangvollen Namen Viviane Blumenschein versucht mit Hilfe des Tonhalle-Orchesters Zürich und dessen Dirigenten David Zinman das Geheimnis von Mahlers 6. Sinfonie zu ergründen.

Am Anfang war der Ton. Er muss irgendwo tief in Innern Gustav Mahlers in Schwingung geraten sein, bevor dieser ihn und alle ihm nachfolgenden Klänge zur 6. Sinfonie niederschrieb. Mahlers Zeitgenossen konnten wenig mit diesem Werk anfangen, das seiner Zeit in vielerlei Hinsicht weit voraus war und kaum Zugeständnisse an den damaligen Publikumsgeschmack der Spätromantik machte. Auch mit seinen restlichen neun Sinfonien war Mahler als Komponist nur mässiger Erfolg beschieden. Weltweiten Ruhm erlangte der Österreicher vor allem mit seinen Auftritten als virtuoser Dirigent. Heute zählt sein musikalisches Werk zum Kanon der klassischen Musik.

Unter der Leitung des charismatischen Dirigenten David Zinman spielt das Tonhalle-Orchester Zürich nun Mahlers gesamten Sinfonien-Zyklus auf CD ein. Dieses für ein Orchester als selten und anspruchsvoll geltendes Unterfangen wird von Viviane Blumenschein und Alberto Venzagos Kamera aufmerksam begleitet. Entstanden ist ein in seiner Bild- und Tonmontage kunstvoller, aber leider auch etwas verhaltener und stellenweise langatmiger Dokumentarfilm über Mahlers 6. Sinfonie, der versucht, dem Wesen dieser damals als avantgardistisch angesehenen Komposition auf den Grund zu gehen.

Um möglichst tief in Mahlers "egomanischstes Werk", wie man sagt, vorzudringen, porträtiert und interviewt Viviane Blumenschein die wichtigsten Künstlerpersönlichkeiten, die an diesem gross angelegten Musik-Projekt beteiligt sind. Neben dem Dirigenten und zahlreichen Orchester-Solisten kommen sogar die Tontechniker zu Wort. Hauptakteur ist jedoch - neben der 6. Sinfonie selbst - der Amerikaner David Zinman, der viel Mahler dirigiert hat: Zinmans Erzählungen aus Mahlers Biografie sollen die Ursprünge seiner Musik sichtbar machen sollen.

Zinmans lebhafte Interpretations- und Erklärungsversuche, die Mahlers biographische Eckdaten mit einzelnen musikalischen Themen innerhalb der Sinfonie in Einklang bringen, sind spannend zu verfolgen und zeichnen das Bild eines typischen von Weltschmerz und Verzweiflung gebeutelten Künstlers nach. Zinman trägt sein umfangreiches Wissen über den neben Richard Strauss wohl berühmtesten Dirigenten des Fin de Siècle amüsant und mit viel Überzeugung vor. Mit derart viel Überzeugung, dass man sich leise fragt, ob Mahler dem Dirigenten Zinman möglicherweise nicht auch als inspirierende Projektionsfläche dient.

08.09.2008

4

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