Opera Jawa Österreich, Indonesien 2006 – 120min.

Filmkritik

Begierde, Leidenschaft und Gewalt

Andrea Lüthi
Filmkritik: Andrea Lüthi

Für das Mozart-Festival "New Crowned Hope" in Wien beauftragte Peter Sellars den indonesischen Regisseur Garin Nugroho mit einem Beitrag. Ein aussergewöhnliches, bildstarkes Opern-Musical ist dabei entstanden.

Garin Nugroho ist seit den 90er-Jahren bekannt dafür, dass er gegen indonesische Filmkonventionen verstösst; etwa indem er Laienschauspieler und lokale Dialekte einsetzt und heikle politische Themen aufgreift. Mit "Opera Jawa" bringt der Regisseur wieder eine Neuerung ins indonesische Kino: Sein Film ist eine Art Oper des 21. Jahrhunderts, in der Tradition und Moderne miteinander verschmelzen.

"Opera Jawa" basiert auf einem der wichtigsten Nationalepen Indiens, dem "Ramayana", das auch ein bekannter Stoff im Marionettentheater ist: Prinz Rama gewinnt in einem Wettstreit die schöne Sita zur Frau. Als der Dämonenkönig Sita entführt, gelingt es Rama, Sita zu befreien. Weil er aber an ihrer Treue zweifelt, verstösst er sie. Eine Feuerprobe beweist schliesslich Sitas Treue.

Die Entführungsepisode diente Nugroho als Hintergrund für seine Geschichte, in der sämtliche Dialoge gesungen werden: Siti und Setio sind verheiratet und führen eine Töpferei - früher waren sie Tänzer des "Ramayana". Als das Töpfergeschäft plötzlich weniger einbringt, reist Setio für einige Zeit in die Stadt. Dies kommt dem reichen Händler und ehemaligen Tänzer Ludiro gelegen: Er entführt Siti. Seit jeher liebt er sie und setzt nun alles daran, sie für sich zu gewinnen. Setio schreitet ein, es kommt zum Kampf zwischen den beiden Männern - mit tödlichem Ausgang.

Schnell gibt man den Versuch auf, die Geschichte chronologisch zu ordnen, in Rahmen- oder Binnenhandlung, Traum und Theateraufführung aufzulösen; zu sehr fliesst alles ineinander. Die Stärken des Films liegen denn auch weniger in der Story als in Atmosphäre und Bildgewalt. Da ist einerseits die Gamelan-Musik, die in Indonesien traditionell Tanz und Schattenspiele begleitet und Gefühle und Handlung der Figuren ausdrückt. Anderseits kommen Gewalt, Leidenschaft und Erotik massgeblich im Tanz zum Ausdruck; in der Spannung der Körper, den langsamen Bewegungen, den kraftvollen Choreografien.

Nugroho interpretiert seinen Film als Requiem für die Toten, die Unversöhnlichkeit der Welt und das tägliche Blutvergiessen. Dies widerspiegelt sich in den Installationen, die von sieben namhaften indonesischen Künstlern stammen: verstümmelte Körper aus rotem Wachs, künstliche Köpfe auf Tellern in einer Schlachthalle, der Kopf eines toten Ochsen - diese intensiven Bilder rufen Assoziationen und Gefühle hervor, wie es eine realistische Darstellung kaum zustande brächte.

02.04.2024

4

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