Batalla en el cielo Belgien, Frankreich, Deutschland, Mexiko 2004 – 98min.

Filmkritik

Kalkulierte Provokation

Simon Spiegel
Filmkritik: Simon Spiegel

Zu Beginn die Grossaufnahme eines Gesichts: Ein Mann, beleibt und nicht mehr ganz jung, mit Brille und Bart schaut unverwandt ins Publikum und atmet gleichmässig. Langsam fährt die Kamera nach unten, seinem voluminösen Bauch entlang, bis die junge Frau sichtbar wird, die vor ihm kniet und ihn oral befriedigt.

"Batalla en el Cielo" gibt schon in der ersten Einstellung den Tarif durch: Dieser Film soll ganz offensichtlich überraschen und provozieren. Aber bereits mit diesem Einstieg zeigt Regisseur Carlos Reygadas, wie absehbar und letztlich langweilig das vermeintlich Schockierende oft ist.

Auf den expliziten Einstieg folgt Entschleunigung: Marcos (Marcos Hernandez), der Mann aus der Eingangsszene, und seine Frau sind verzweifelt: Sie haben ein Baby entführt, das mittlerweile aber bereits verstorben ist. Erfahren werden wir das jedoch erst viel später. In ihrer Hilflosigkeit schweigen sich die beiden die meiste Zeit über an. Minutenlang geschieht kaum etwas, zelebriert der Film Entfremdung in Mexico City.

Warum die beiden das Kind entführt haben, bleibt ungeklärt. Marcos ist nicht arm, er hat eine Stelle als Chauffeur und fährt die Tochter seines Chefs durch die Stadt. Zwischen der jungen Ana (Anapola Mushkadiz), die in einem Nobelbordell arbeitet, und dem Fahrer, den sie von klein auf kennt, herrscht eine seltsame Intimität. Ihr wird er als Einzige von seinem Verbrechen erzählen, und später werden die beiden auch miteinander schlafen.

Reygadas serviert uns bleischwere Kost. Eine Erzählung, die sich im Wesentlichen auf drei Figuren konzentriert, die alle gleichsam aus der Bahn geworfen scheinen und nur noch in einer verzweifelten Form der Sexualität miteinander kommunizieren können. Dazwischen immer wieder kalkulierte Schockmomente, etwa ein ausführlich gezeigter Geschlechtsakt des massiv übergewichtigen Ehepaars. Jenseits des durchaus berechtigten Vorwurfs, dass Reygadas hier seine Laiendarsteller schamlos ausbeutet und vorführt, stellt sich dabei vor allem die Frage, warum man sich so etwas ansehen soll und was uns "Batalla en el Cielo" überhaupt erzählen will.

Das Schlachten heiliger Kühe, das sich fast schon mechanisch mit Momenten des Stillstand abwechselt, scheint hier und auch am Ende des Films, als Reygadas die Absurdität des mexikanischen Marienkults inszeniert, zu reinem Selbstzweck verkommen zu sein.

12.01.2021

2

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