Comme une image Frankreich, Italien 2004 – 111min.

Filmkritik

Nervensäge im Quadrat

Priska Amstutz
Filmkritik: Priska Amstutz

In der verkorksten Vater-Tochter-Beziehung zwischen einem erfolgreichen Pariser Schriftsteller und seiner übergewichtigen Tochter Lolita (ausgerechnet!) geht es um Anerkennung und Aufmerksamkeit. Das können sich beide nicht geben, bis sich Lolita dank ihrem Gesangstalent endlich vom Vater lösen kann.

Gerne wäre Lolita Cassard (Marilou Berry) wie es ihr verheissungsvoller Name verspricht: schlank und schön wie ein Model, oder wenigstens so wie Karine, die zweite Frau ihres Vaters Etienne (Jean-Pierre Bacri). Doch davon ist sie mit ihrem Übergewicht weit entfernt. Seit einiger Zeit nimmt sie jedoch Gesangsstunden bei der sympathischen Lehrerin Sylvia Miller, (gespielt von der Regisseurin Agnès Jaoui), und hofft auf eine eigene Karriere in diesem Bereich.

Ihr Vater, ein arroganter und selbstverliebter Erfolgsautor, ignoriert die Probleme seiner Tochter und vergibt seine Aufmerksamkeit auch an andere nur spärlich. Da erstaunt es um so mehr, dass er die jüngere Literaturhoffnung Pierre Miller in seinen Dunstkreis aufnimmt - worüber sich dessen Frau Sylvia zunächst sehr freut. Pierre und Sylvia treffen aber auf eine Horde Schmeichler, Ja-Sager und eingeschüchterte Familienmitglieder. Bei einem Konzert auf dem Landgut der Familie Cassard kommt es zu einem Bruch mit den festgefahrenen Abhängigkeiten, Lolita findet durch ihren Auftritt und die echte Zuneigung ihres neuen Freundes Sébastien zu einem eigenen Weg.

Regisseurin und Schauspielerin Agnès Jaoui ist in Frankreich ein Shooting Star. Ihr Debütwerk "Le gout des autres" wurde mit vier Césars und einer Oscar-Nominierung bedacht, "Comme une image" erhielt in Cannes den Preis für das beste Drehbuch. Die Dialoge des Autorenduos Jaoui/Bacri und die genauen Beobachtungen dieser Menschen, die sich alle danach sehnen, wahrgenommen zu werden, sind denn auch die grossen Pluspunkte des Films. Ebenfalls überzeugend sind die Darstellungen der Schauspieler.

Doch "Comme une image" hat ein Problem: die Charaktere nerven, sie sind zu übertrieben. Etienne ist unfassbar ignorant seiner Tochter, seiner Frau und allen anderen gegenüber. Nie hört er die Kassette mit dem Gesang seiner Tochter an, und während des Konzerts verlässt er sogar den Saal, weil ihn die eigene Inspiration überkommt. Auch Lolita ist eine eher mühsame Figur, sie bemitleidet sich triefend und der Narzissmus steckt auch in ihren Knochen, wäre die Fettschicht nicht schützend darüber gelegt. Man freut sich nur beschränkt für sie, als sie endlich etwas Durchblick gewinnt und sich vom Über-Vater emanzipiert.

Etwas mehr Subtilität hätte wohl zu mehr Glaubhaftigkeit geführt. Die ganze Geschichte ist zu weit weg von den Zuschauern, was nicht daran liegt, dass der Film zu französisch oder pariserisch wäre. Seine Stärke liegt in den weniger überzeichneten Nebenfiguren. Von diesen möchte man tatsächlich wissen, wie sie sich entwickeln.

15.02.2024

3

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Kommentare

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selinaburri

vor 16 Jahren

absolut empfehlenswert!! für mich das thema: wie alle eltern lernen müssen ihre kinder bedingungslos zu lieben!!!


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