Lost In La Mancha Grossbritannien, USA 2003 – 93min.

Filmkritik

Potentielles Chaos, realisiert

Filmkritik: Andrea Bleuler

Ex-Monty-Python Terry Gilliam wollte "Don Quixote" mit Johnny Depp in einer Hauptrolle auf die Leinwand bringen und hat sich an dem Projekt die Zähne ausgebissen. Doch das Debakel ist hiermit zumindest dokumentiert.

Nach zehn Jahren Vorbereitungen, zwei missglückten Drehstarts und nur sechs Drehtagen musste Terry Gilliam ("Brazil", "Twelve Monkeys") seinen grossen Traum, "Don Quixote" zu verfilmen, bis auf weiteres auf Eis legen. Trotz Traumbesetzung - Johnny Depp, Vanessa Paradis und Jean Rochefort als Don Quixote – und einem für europäische Verhältnisse ansehnlichen Budget von 32 Millionen Dollar ist "The Man who killed Don Quichote" bis dato nur in der Illusion existent, ganz im Geist von Cervantes Roman.

Keith Fulton und Louis Pepe, die bereits für "Twelve Monkeys" eine Hinter-den-Kulissen-Dokumentation ("The Hamster Factor and Other Tales of Twelve Monkeys") realisierten, haben festgehalten, wie dieses ambitiöse Projekt von keinem Unglück verschont worden ist.

"Es gibt hier ein grosses Potential für Chaos", bemerkt Terry Gilliam bereits während den Vorbereitungen. Doch was sich dann ereignet - so zeigt die Dokumentation - lässt sogar jenen Filmemacher sprachlos werden, dessen Werke regelmässig finanziell und organisatorisch ausser Kontrolle geraten: Vom Filmstudio mit akustisch unmöglichen Bedingungen über sintflutartige Regenfälle, die das ganze Filmmaterial fortschwemmen bis zum gesundheitlich bedingten Ausfall des Hauptdarstellers ist alles mit dabei.

Gilliams Chronisten wagen es, unterschwellig zu vermitteln, dass "Don Quixote" generell nicht vefilmbar wäre. Dabei führen sie ins Feld, dass selbst Orson Welles nach jahrzehntelanger Arbeit an diesem Vorhaben scheiterte, gehen aber in keiner Weise auf zu Ende gebrachte Quixote-Projekte (von Pabst, Kozintsev, Hiller und diverse TV-Verfilmungen) ein.

Unverständlicherweise wird hingegen Gilliams Seelenverwandtschaft mit Don Quixote – sie sind beide in eine phantastische Idee vernarrte Idealisten – nicht weiter unter die Lupe genommen. Von seinem sagenumwitterten Stil, Filme zu realisieren, sickert ebenfalls wenig durch, und selbst die Stars sind höchst selten zu begutachten.

Stattdessen sind unspektakuläre Produktions-Meetings und ihre nervlich angespannten Protagonisten in eine dramaturgisch unmotivierte Struktur eingepflanzt. Animationen in altbekannter Monty Python-Manier sorgen für eine nostalgisch geprägte Form von Humor: Fulton und Pepe sind nicht in der Lage, für ihre Glosse eine eigene Handschrift zu finden.

"Lost in la Mancha" erreicht den Höhepunkt an emotionaler Beklemmung an jenem Tag, als Investoren den Drehort besuchen und zum Gruppenphoto antreten, während sich die Versicherungsinspektoren ein Bild der desaströsen Lage machen. Phantast Terry Gilliam dabei an der Realität zerbrechen zu sehen, schmerzt an sich schon ungemein.

10.11.2020

3

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Kommentare

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monsdelion

vor 20 Jahren

der dokumentarfilm hat seine schwächen und kann, wie in der filmkritik angetönt, den geschehnissen nichts wesentliches hinzufügen. kein wunder, schliesslich war das ganze, selbst wenn man nach dem film das gefühl hat, dass das scheitern unausweichlich war, nicht geplant. doch die eingefangenen geschehnisse sprechen schlicht für sich! immerhin wurde bei diesem gescheiterten film von terry gilliam eines der grössten filmbudgets in den sand gesetzt, dass je in europa finanziert wurde. terry gilliam zum don quixote zu machen, wäre aber eine zu krasse helden-verklärung. denn einige dieser "windmühlen" hat er sich selber eingebrockt. hallo? ein set in einem militär-sperrgebiet? herbstwetter und regenfälle in einem ariden gebiet? kein anständiges studio eingeplant? ein über 70jähriger, der in einer rüstung stundenlang auf einem esel sitzen sollte? - da sind massive fehler begangen worden. trotz aller mängel, die man an lost in la mancha vorwerfen könnte: der film bleibt für alle, die gerne mal einen kleinen blick hinter die kulissen werfen 100%ig sehenswert!Mehr anzeigen


eladi

vor 20 Jahren

Tja, da haben wir nun mal was anderes im Kino. So unstrukturiert wie das Projekt 'The man who killed Don Quixote' kommt auch das 'un-making of' (wer ist den auf den komischen - und falschen Ausdruck gekommen?? Wenn schon müsste das ja das 'not-making of' heissen.) daher. Normalerweise wäre das ein Punkt für Negativkritik - nicht aber hier. Durch das Chaos in diesem Dokumentarfilm, kann der Zuschauer auch in etwa erahnen, wie die Zustände während den Dreharbeiten bei Gilliams Film gewesen sein müssen. Dies führt zu einer Achterbahnfahrt zwischen Mitleid und (ungewollter) Schadenfreude.

Ich mochte Terry Gilliam's Filme schon immer: praktisch alles von Mont Python ist brilliant und 'Fear and Loathing in Las Vegas' ist einer meiner Favoriten. Wer das Buch von Hunter S. Thompson kennt (Buchtip: Fear and Loathing on Campain Trail 72), der weiss was für eine Leistung es war, dieses Buch zu verfilmen. Anyways, Lost in La Mancha, hat mir Terry Gilliam ganz sicher noch eine Spur symphatischer gemacht. Ein Mensch der während eines solchen finanziellen und künsterlischem Debakel noch (zumindest einen Teil) seines Humors behalten kann, ist schon sehr aussergewöhnlich.

Der Film ist sicher nicht für alle interessant. Wer aber auch im Kino an der Realität (und diese ist im Fall Don Quixote doch schon sehr sureal) gefallen finden kann, der sollte sich diesen Streifen nicht entgehen lassen!Mehr anzeigen


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