Jesus' Son Kanada, USA 1999 – 107min.

Filmkritik

Falscher Prophet mit noblen Visionen

Serge Zehnder
Filmkritik: Serge Zehnder

Drogen machen glücklich, Drogen machen süchtig, sie sind befreiend und zerstörend... Alison MacLean, die Regisseurin von "Jesus' Son" bezieht nie Stellung für oder gegen den Drogenkonsum. Vielmehr konzentriert sie sich auf die berauschende Odysee eines jungen Mannes, in dessen Leben Drogen die Hauptrolle spielen.

Fuckhead oder F.H., wie der von Billy Crudup ("Hi-lo Country") fantastisch verkörperte Landstreicher von seinen Freunden genannt wird, driftet 1973 im amerikanischen mittleren Westen ziellos umher. Die Menschen, denen er auf seiner Reise ins drogenumnebelte Nirgendwo begegnet sind nicht mehr als Puzzleteilchen eines Lebens, das nie ein gesamthaftes Bild zu ergeben scheint. Dies ändert sich schlagartig als er Michelle (Samantha Morton) begegnet. F.H. lernt die junge Frau wild tanzend auf einer Farm in Iowa kennen. Anfänglich nicht viel mehr als eine weitere Droge - Sex als Intermezzo zwischen den Trips - entsteht zwischen dem Paar bald eine fast "normale" Beziehung. Neben den gemeinsamen Drogenexzessen wird sogar der Wunsch nach eine Familie laut. F.H. bemüht sich eine Existenz für sich und die in der Zwischenzeit schwanger gewordene Michelle aufzubauen. Doch der Versuch, Ordnung in sein unstetes Leben zu bringen, ist von vornherein zum Scheitern verurteilt. Es scheint, als müsste F.H. nicht nur für seine eigenen Sünden, sondern auch für diejenigen seiner Mitmenschen, büssen.

Ob es sich bei "Jesus' Son" um eine Allegorie auf das Leben Christi handelt, liegt natürlich im Ermessen des Zuschauers. Der Titel selbst bezieht sich nicht auf eine Stelle in der Bibel, sondern ist eine Zeile aus dem Song "Heroin" von "The Velvet Underground". Lied und Film schildern die kurze Phase des "Rushs", wo die Nähe respektive die Vereinigung mit einer höheren Macht unmittelbar bevorsteht. "Jesus' Son" erzählt aber nicht nur von den "Highs", sondern auch von den deprimierenden "Downs", die unausweichlich darauf folgen. Während der Down-Phasen wird auch der Zwiespalt von F.H. sichtbar: Er will zwar zurück in die "reale" Welt, hat jedoch den Glauben daran beinah verloren. In diesen Sequenzen gelingt es Regisseurin Alison MacLean auf eindrückliche Weise, den inneren Kampf ihres Anti-Helden zu zeigen.

Die hervorragend inszenierte und gespielte Geschichte basiert auf einer Kurzgeschichtensammlung von Denis Johnson. Die Drehbuchautoren entwickelten eine mehr oder weniger durchschaubare Struktur, ohne dafür seine verschachtelte Erzählweise zu opfern. "Jesus' Son" bricht mit den verschiedensten Konventionen und entzieht sich sämtlichen Klischees, was den Film zu einem nicht gerade leicht verdaulichen aber um so sehenswerteren Drama macht.







25.05.2021

3

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