Artikel22. Juli 2023

Living in a Material World: Wenn Marken zu Filmstars werden

Living in a Material World: Wenn Marken zu Filmstars werden
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Der mit Spannung erwartete Film «Barbie» ist frisch in den Kinos – ein Film über ein Spielzeug. Doch «Barbie» ist kein Einzelfall, wenn es um Marken im Film geht – siehe «Air», «Tetris» oder «Blackberry» Wir untersuchen das Phänomen, wenn Marken zu Filmstars werden.

von Emma Raposo

Facebook macht den Anfang

Im Jahr 2010 kam «The Social Network» in die Kinos und erzählte von der Entstehung einer sozialen Plattform, die die Art und Weise, wie wir kommunizieren, uns informieren und vernetzen, umkrempeln und den Weg für die Welt der sozialen Netzwerke, wie wir sie heute kennen, ebnen sollte. David Finchers Film blickte auf ein Stück Technikgeschichte zurück, auf die Entstehung einer Marke, die die Welt in den 00er-Jahren revolutionierte.

13 Jahre später scheint sich ein Trend abzuzeichnen. Ähnlich wie Facebook sind Marken nicht mehr nur Produkte, die man in Filmen platziert, wie Robert Zemeckis es uns im Jahr 2000 mit «Cast Away» meisterhaft demonstriert hat. Im Jahr 2023 spielen Marken die Hauptrolle, und die Figuren sind die Nebenrollen. «Air» ist kein Biopic über Michael Jordan – das Gesicht des Sportlers ist nie zu sehen – und «The Social Network» war auch kein Biopic über Mark Zuckerberg. Weit gefehlt.

Als Folge oder logische Entwicklung des Mainstream-Kinos in einer ultrakapitalistischen Gesellschaft scheint es einfacher zu sein, einer Gruppe von Produzenten eine Idee für einen Film über die berühmten Turnschuhe zu präsentieren, die vom erfolgreichsten Basketballspieler der Welt inspiriert wurden, als ein Biopic über einen polnischen Bildhauer zu verkaufen, der sich in seiner Hütte zurückgezogen hat, egal wie talentiert der Bildhauer auch sein mag. Aber ist dieser Trend nur eine kurze Modeerscheinung oder haben wir es tatsächlich mit einem dauerhaften Konzept zu tun, bei dem die Marken die Hauptrolle spielen?

Marken als Gamechanger

In den 1980er-Jahren entwickelte der Ingenieur Aleksej Pajitnov «Tetris». Das Spiel wurde ein weltweiter Erfolg ohnegleichen. Der Film «Tetris» (im März auf Apple TV+ erschienen) erzählt die Geschichte des Kampfes um die weltweiten Rechte an dem Spiel auf verschiedenen Geräten – Computern, Konsolen und Spielhallen – in der geschlossenen Welt des Kommunismus der Sowjetunion. Das Blackberry, das noch vor dem iPhone und Samsung kam, wurde in den 90er-Jahren zum ersten Smartphone und damit zum Vorreiter einer technologischen Welle. «Blackberry» von Matt Johnson, der im Februar bei den Berliner Filmfestspielen gezeigt wurde, erzählt vom Aufstieg und Fall des ersten Taschencomputers.

Die Air Jordans hingegen, ein geschickter Schachzug von Nike, die in den 80er-Jahren die ungeliebte Marke hinter Adidas und Converse waren, sollten zum Symbol einer Revolution werden, zunächst die eines legendären Sportlers, dann die des globalen Sportmarketings, das Nike als Standard etablierte. Dank des Drängens seiner Mutter gegenüber der Marke wurde Michael Jordan der erste Sportler, der einen Anteil an jedem weltweit verkauften Paar Turnschuhe mit dem Jordan-Stempel erhielt. Der Fall Jordan sorgte für einen beispiellosen Umbruch und veränderte das Gesicht des Sportmarketings für immer.

Diese Marken und Produkte haben nicht nur eine Epoche und eine Generation geprägt, sondern sind Teil der Popkultur geworden und haben auf ihre Weise einen Teil der Geschichte erzählt, den Kontext einer bestimmten Epoche dargestellt und ihre jeweiligen Bereiche revolutioniert. Eine Goldgrube für Produktionsstudios, die nur den Namen dieser Marken erwähnen müssen, um eine sehr vertraute Vorstellung in den Köpfen der Menschen zu wecken. «Tetris», «Barbie» oder «Air» – die blosse Erwähnung des Namens des Spielzeugs oder des Turnschuhs reicht aus, um den Schauplatz zu bestimmen und Erinnerungen an früher zu wecken.

Das Spiel mit der Nostalgie

Ein ganzer Vorstellungshorizont und noch mehr! Denn dieselben Marken stehen für eine bestimmte Epoche bei einer ganzen Generation, die emotional an Gegenstände, Musik und Stimmungen aus ihrer Kindheit oder Jugend gebunden ist. In diesem Fall die 80er- und 90er-Jahre für Tetris, BlackBerry oder Air Jordan. Nicht zuletzt durch die Netflix-Serie «Stranger Things» und die dazugehörigen Accessoires, Kleidungsstücke und Playlists sind die 80er-Jahre wieder in Mode gekommen.

Siehe Sängerin Kate Bush. Ihr Song «Running Up That Hill (A Deal With God)» aus dem Jahr 1985 hat durch die Serie einen unerwarteten Popularitätsschub erfahren, und eine ganze Generation von Teenagern und jungen Erwachsenen tanzte auf TikTok zu Bushs Stimme. Dieselbe Generation Z, die sich mit Air Jordan an den Füssen zeigt und die Pumps, die ihre Eltern 40 Jahre zuvor trugen, wieder salonfähig gemacht haben.

Eine solide "Fanbase"

Wer auf ein Filmprojekt setzt, das sich mit diesen symbolträchtigen Marken befasst, sichert sich eine grosse Fangemeinde. Es bedeutet, die Kinder und Jugendlichen in jedem Einzelnen emotional zu berühren und mit etwas Glück die Herzen der nachfolgenden Generationen zu gewinnen. Die Hälfte der Arbeit ist damit getan, dass man sich von Anfang an einen Teil des Publikums sichert, der die Air Jordans erlebt oder stundenlang Tetris auf dem GameBoy gespielt hat.

«Air» spielte zum Beispiel weltweit rund 90 Millionen Dollar ein und übertraf die Schätzungen auf amerikanischem und kanadischem Boden mit einem Einspielergebnis von über 20 Millionen Dollar in den ersten fünf Tagen der Kinoauswertung, womit er auf Platz 3 der US-Kinocharts landete. Das Jahr 2023 könnte den Startschuss für einen Trend geben, der wahrscheinlich nicht mehr abreissen wird, denn – ob gut oder schlecht, das wird die Zukunft zeigen – die Mattel Group hat bekannt gegeben, dass sie 45 Filmprojekte in der Pipeline hat, die sich auf ihre wichtigsten Spielzeuge wie Hot Wheels oder Polly Pocket konzentrieren. Es gibt also unbegrenzte Möglichkeiten, Filme zu machen.

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