Kritik21. Februar 2024

Berlinale 2024: «Sterben»: Streben nach Hoffnung

Berlinale 2024: «Sterben»: Streben nach Hoffnung
© Berlinale | Jakub Bejnarowicz | Port au Prince, Schwarzweiss, Senator

Regisseur Matthias Glasner erzählt in «Sterben» vom Zerfall einer Familie. Dafür blickt er aus unterschiedlichen Perspektiven auf die internen familiären Konflikte. Doch anders als der Titel vermuten lässt, ist das Drama weder düster und morbide, noch drückt es permanent auf die Tränendrüse. Im Gegenteil, es gibt überraschend viele schöne, schräge und vor allem lustige Momente, die sich in das traurige Thema des Abschieds einschreiben.

«Sterben»: Streben nach Hoffnung

Matthias Glasner | Deutschland | 180 Min.

Text von Cornelis Hähnel

Zwölf Jahre sind vergangen, seit Matthias Glasner seinen letzten Spielfilm «Gnade» auf der Berlinale 2012 präsentiert hat. Nach einigen Serien wie «Blochin» oder «Das Boot» kehrt er nun mit «Sterben» zurück auf die grosse Leinwand. Und diese nutzt er gekonnt, um ein ebenso präzises wie schonungsloses Familienporträt zu zeichnen.

Dirigent Tom Lunies steckt mitten in den Proben zum neuen Stück «Sterben» seines besten Freundes, dem Komponisten Bernard, als seine Ex-Freundin ein Baby bekommt und ihn quasi zum “Ersatzvater” macht. Toms eigener Vater leidet an fortschreitender Demenz, und auch seine Mutter hat nicht mehr lange zu leben. Doch er hat keine Zeit, sich um seine Eltern zu kümmern, und auch seine Schwester Ellen ist keine Hilfe, denn die stürzt sich mit viel Alkohol in eine rauschhafte Liebesgeschichte mit einem verheirateten Zahnarzt. Und so muss Tom allein versuchen, zwischen all den Vorboten der Vergänglichkeit seinen Weg zu einem glücklichen Leben zu finden.

Matthias Glasner hat mit «Sterben» einen autobiografisch geprägten Film realisiert. In verschiedenen Kapiteln erzählt er von einer Familie, deren Figuren weniger miteinander, sondern vielmehr mit dem Sterben verbunden sind. Doch anders als der Titel vermuten lässt, ist das Drama weder düster und morbide, noch drückt es permanent auf die Tränendrüse. Im Gegenteil, es gibt überraschend viele schöne, schräge und vor allem lustige Momente, die sich in das traurige Thema des Abschieds einschreiben.

Dabei lebt der Film vor allem von seinem wunderbaren Schauspiel-Ensemble, allen voran Corinna Harfouch als abgeklärte Mutter, Lars Eidinger als emotional haderner Sohn und Lilith Stangenberg als alkoholkranke Schwester. Glasner gibt dabei jeder seiner Figuren viel Raum für ihre eigene Erzählung, allerdings sind manche Episoden durchaus so eigenständig, dass das Gefühl entsteht, aus dem Material hätten auch zwei verschiedene Filme werden können (was bei drei Stunden Laufzeit übrigens jederzeit möglich gewesen wäre). Doch auch wenn sich «Sterben» manchmal zu sehr auf Nebenschauplätzen bewegt, fügt er sich letztlich zu einem klugen und intensiven Drama zusammen. Und er lässt hinter dem Zerfall einer Familie immer wieder die Hoffnung durchschimmern.

3.5 von 5 ★

Eine Zusammenstellung aller Texte der 74. Berlinale findest du hier.

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