Kritik15. April 2024

Amazon Prime-Kritik «Fallout»: Menschen, Monster, Mutationen

Amazon Prime-Kritik «Fallout»: Menschen, Monster, Mutationen
© Amazon Content Services LLC

Die Welt nach dem grossen Knall: Die Serienadaption der erfolgreichen Computerspiel-Reihe «Fallout» zeigt eine spannende Version einer Zukunft, in der der Kalte Krieg plötzlich heiss geworden ist. Das Ergebnis: eine vielschichtige Welt voller zwielichtiger Wesen, Ruinen und fanatischen Gruppierungen – verdammt unterhaltsam!

2077: In einer retro-futuristischen Welt, in der die 50er-Jahre und mit ihnen der Kalte Krieg nie überwunden werden konnten, wird Kindergeburtstag gefeiert. Frauen in Petticoats servieren Naschereien, Männer mit Seitenscheitel filmen den Partyspass mit Kameras auf dem neuesten Stand der Technik. Passend zum Motto "Wilder Westen" tritt ein Cowboy auf, schwingt das Lasso und präsentiert sich hoch zu Ross. Die perfekt wirkende Idylle, dieser wahr gewordene amerikanische Traum, zerplatzt allerdings in wenigen Sekunden, als am Horizont Bomben in die nahegelegene Grossstadt einschlagen und mehrere Atompilze spriessen lassen. In hochästhetischen und gleichzeitig zutiefst beunruhigenden Zeitlupen entspinnt sich ein Panorama der Panik. Binnen Sekunden werden Freunde zu Feinden, die Zukunft zum Alptraum und der Cowboy tut, was er am besten kann: Reiten, was das Zeug hält.

Diese grossartig inszenierte Einstiegsszene katapultiert das Publikum ungebremst in die Welt von «Fallout». Ein Zeitsprung von 219 Jahren versetzt wiederum in die Zukunft: eine verstrahlte Welt nach dem Atomkrieg. Hier verfolgen wir die Geschichte der drei Hauptfiguren. Die Vault-Bewohnerin Lucy (Ella Purnell) lebt ein behütetes Leben im Atomschutzbunker, bis eines Tages bei einem Überfall ihr Vater entführt wird. Um ihn zu finden, verlässt sich ihre sichere Heimat und begibt sich in der gesetzlosen Welt an der Oberfläche auf die Suche. Währenddessen will der Soldat Maximus (Aaron Moten) bei der Stählernen Bruderschaft Ruhm und Ehre erlangen. Auf ein fettes Kopfgeld für einen entflohenen Wissenschaftler hat es wiederum ein mutierter Ghul (Walton Goggins) abgesehen – doch die unbeholfene Lucy stolpert ihm in den Weg.

Walton Goggins in «Fallout» © Amazon Content Services LLC

1997 startete die Computerspiel-Reihe «Fallout» ihren Siegeszug in der Gaming-Industrie und umfasst mittlerweile neun Teile. Seit der Veröffentlichung von «Fallout 3» im Jahr 2008 wurde der Entwickler Bethesda wiederholt für Verfilmungen angefragt, doch die Bedenken des Studios waren gross. Negativbeispiele wie die Verfilmung von «Doom» von 2005 mahnten zur Vorsicht. Erst Jonathan Nolans (seines Zeichens Bruder von Christopher Nolan, Drehbuchautor für «Memento», «Interstellar» und die Serie «Westworld» und begeisterter Gamer im «Fallout-Universum) Vision konnte überzeugen.

Wohl auch, weil die Handlung der Serie erzählerisch nicht eines der Games gekoppelt, sondern schlicht in der vielschichtigen Welt der Spielreihe angesiedelt ist. Das detailreiche Worldbuilding ist einer der wichtigsten Bausteine für den Erfolg der Reihe – hier kann die Serienumsetzung wirklich aus dem Vollen schöpfen.

So ist es kein Wunder, das vor allem die Ästhetik und die Vielfalt der postapokalyptischen Welt in «Fallout» vollends überzeugen können. Das retro-futuristische Design der Kostüme und technischen Geräte, die Musik aus den 50er- und 60er-Jahren, die zahlreichen sehenswerten Schauplätze und die verschiedenen Wesen und Gruppierungen machen die Serie absolut sehenswert und sorgen für jede Menge spannende Details. Dabei gibt es sowohl für Gamer:innen zahlreiche Verweise auf die Vorlagen, als auch ausreichend Einführungen für Zuschauer:innen, die mit der Serie in die Welt von «Fallout» einsteigen.

Szene aus «Fallout» © Amazon Content Services LLC

Spannend ist auch, dass «Fallout» direkt mit mehreren Figuren und Handlungsorten gleichzeitig einsteigt, die angenehm schnell aufeinandertreffen und die Vielfalt der Lebensentwürfe und Daseinsformen in der Postapokalypse darstellen. Neben den grotesk mutierten Monstern in der verseuchten Natur (Riesenkakerlaken, Mutanten-Bären und sogar ein Monster-Axolotl rücken den Held:innen zu Leibe) gibt es einen Einblick in das oberflächlich geordnet wirkende Leben in den Bunkern, den Militärkult der Stählernen Bruderschaft, das harte Leben in der chaotischen Gesellschaft des Ödlands und in die geheimen Machenschaften letzter staatlicher Bastionen. Auf der Reise durch die Welt von «Fallout» stolpern die Figuren ausserdem immer wieder über kleine Szenen und Nebenschauplätze, die die Geschichte bereichern und wahlweise für Witz oder emotionalen Tiefgang sorgen.

Alles in allem ist «Fallout» ein gelungenes Beispiel für die Umsetzung eines Games und punktet mit einer grandiosen Ästhetik, einer spannenden Inszenierung, packender Action (die mit einer ordentlichen Portion Gewalt und Gore dem Spielerlebnis ebenfalls sehr nahe kommt), interessanten Figuren und einer vielseitigen Geschichte. Die wilde Mischung aus postapokalyptischer Science-Fiction, Retro-Futurismus und jeder Menge Western-Motiven macht «Fallout» zu einer der spannendsten Serien des Jahres.

5 von 5 ★

«Fallout» ist seit dem 12. April auf Amazon Prime verfügbar.

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