The Whale USA 2022 – 117min.

Filmkritik

The Whale

Filmkritik: Damien Brodard

Darren Aronofskys neuster Film «The Whale» bietet Intimität statt Bombast und nach «The Wrestler» ein weiteres denkwürdiges Comeback. Brandon Fraser verdiente sich zurecht zahlreiche Preise und einen Oscar für seine emotionale Darstellung eines traumatisierten Mannes, der den Kontakt zu seiner Tochter wiederherstellen will.

Ein stark übergewichtiger Englischlehrer lebt zurückgezogen in seiner Wohnung und gibt seinen Unterricht online. Doch die Zeit drängt: Er versucht so gut es geht, die Verbindung zu seiner Tochter (Sadie Sink) wiederherzustellen, bevor das Schlimmste passiert.

Fast 15 Jahre nachdem Regisseur Darren Aronofsky für «The Wrestler» (2009) mit dem Goldenen Löwen in Venedig ausgezeichnet wurde und Mickey Rourke wieder auf die Erfolgsspur brachte, kehrt er mit einem emotional aufwühlenden Werk zurück. Aber es ist eine andere Rückkehr, die fasziniert, nämlich die des Schauspielers Brendan Fraser, eines gefallenen und von der Hollywood-Maschine zermalmten Stars, der in der Rolle des Charlie eine denkwürdige Leistung abliefert.

In Prothesen gehüllt, um einen 270 kg schweren Mann darzustellen, erweist sich Fraser als umwerfend und schafft es, die Illusion zu vermitteln, dass jede Bewegung eine unüberwindbare Herausforderung darstellt. Die schwierige Beziehung zwischen ihm und seiner Tochter Ellie, die von der ungestümen Sadie Sink gespielt wird, ist jedoch nicht weniger erschütternd.

Aronofskys Inszenierung ist nicht nur intimer, sondern auch weniger bombastisch als zuvor. Der Regisseur baut auf die Regeln des geschlossenen Raumes, indem er seine Figuren in einen engen Rahmen zwängt, der von Charlies gigantischer Masse ausgefüllt wird. Trotz eines gut durchdachten Drehbuchs, in dem die verschiedenen Aussenseiter der Reihe nach betrachtet werden, ist das Pathos gross und einige Sequenzen drücken zu sehr auf die Tränendrüse.

Es wäre jedoch ungerecht, «The Whale» darauf zu reduzieren, denn der Film wagt sich in Gebiete vor, die auf der grossen Leinwand noch wenig erforscht sind. Ein erstaunlicher Spielfilm, der für Diskussionen sorgt, aber eindeutig eine Wiedergeburt für den hervorragenden Brendan Fraser darstellt, der bei der ersten Vorführung in Venedig fast sechs Minuten lang beklatscht wurde und mit zahlreichen Preisen und zuletzt einem Oscar bedacht wurde. Gut gemacht, Herr Fraser und willkommen zu Hause!

Übersetzung aus dem Französischen durch Maria Engler

14.03.2023

4

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Kommentare

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thomasmarkus

vor einem Tag

The Whale, das dürre Männchen Ahab voll Hass. Ein dicker walmässiger Mann voll Liebe und Entschuldigung. Und ein Essay, die neues Lciht auf Moby Dick wirft...


güx

vor 3 Tagen

Meine Befürchtungen haben sich leider bewahrheitet: Neben der Performance-of-a-Lifetime von Brendan Fraser bleibt wenig Platz für eine in Erinnerung bleibende Handlung (Drehbuch ist zu schwach), geschweige denn Raum für andere Schauspieler, um sich wirklich zu entfalten. Dazu trägt auch die - teilweise erdrückende - Inszenierung als Kammerspiel sehr stark bei.

Das von der Hauptfigur Charlie inflationär verwendete „I‘m sorry“ ist irgendwann nicht mehr glaubwürdig und nervt nur noch. Auch fand ich es schade, dass er als Person keinerlei Ecken und Kanten zu haben scheint und in geradezu schmerzhaft naiver Weise ans Gute im Menschen glaubt. Völlig unnötiger Pathos! -
Warum bloss gab man sich nicht mehr Mühe, die Charaktere prägnanter zu zeichnen? - Unterm Strich ziemlich ärgerlich…Mehr anzeigen

Zuletzt geändert vor 3 Tagen


as1960

vor 7 Tagen

"The Whale" zeigt, dass es sich lohnt manchmal genauer hinzuschauen um das Schöne zu sehen. Kein unnötiger Kitsch, die schwergewichtige Haupt-Charaktere wird mit Ihren Fehlern gezeigt. Man fühlt mit dem grossartigen Brendan Fraser, und hofft, dass es ihm gelingt, wieder eine Verbindung mit seiner Tochter herzustellen. Grosses Kino, hätte auch mehr Oscars verdient.Mehr anzeigen


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