CH.FILM

Drii Winter Deutschland, Schweiz 2022 – 137min.

Filmkritik

Drii Winter

Cornelis Hähnel
Filmkritik: Cornelis Hähnel

Mit «Drii Winter» ist nun der zweite Schweizer Wettbewerbsbeitrag auf der Berlinale 2022 in das Rennen um den Goldenen Bären gegangen und überzeugt dabei mit seinen präzisen Beobachtungen und einer besonderen Erzählweise.

Marco ist ein Mann wie ein Fels und dementsprechend beginnt auch «Drii Winter» mit einer langen Aufnahme eines Felsbrockens, bevor Marco bei der schweißtreibenden Landarbeit zu sehen ist. Bereits dieser erste Schnitt verweist darauf, dass hier Mensch und Natur zunehmend miteinander verschmelzen, was Laufe des Films durch präzise beobachtete Szenen immer deutlicher wird.

Aber zu Beginn verschmelzen erstmal nur die Herzen von Marco und Anna, einer jungen Frau aus dem Dorf, die dort als alleinerziehende Mutter mit ihrer Tochter Julia lebt. Die beiden heiraten, auch wenn es im Ort Vorbehalte gegen den wortkargen Zugezogenen aus dem Flachland gibt und das junge Glück scheint perfekt. Aber dann wird bei Marco ein Gehirntumor entdeckt, was Auswirkungen auf ihr Leben, aber auch seine Persönlichkeit hat…

«Drii Winter» ist ein entschleunigtes Drama, dass sich viel Zeit für seine Figuren, aber auch deren Umgebung lässt. Überhaupt scheint die Zeit an diesem Ort stillzustehen, denn auch wenn der Film im heute angesiedelt ist, schwingt permanent etwas Archaisches mit. Regisseur Michael Koch gelingt es, diese besondere Lebenswelt ungeschönt und in all ihren Facetten darzustellen, was auch daran liegt, dass er mit Laiendarstellern gedreht hat, deren Verwurzelung mit den Orten spürbar ist. Doch zugleich ist der Film alles andere als dokumentarisch, denn ganz bewusst durchbricht Koch immer wieder die Suche nach Authentizität und betont seine Inszenierung: so positioniert er einen Heimatchor immer wieder in der Landschaft und die Lieder teilen den Film nicht nur in Abschnitte, sondern wie in einer griechischen Tragödie wird der Chor zum allwissenden Erzähler, der vom drohenden Unheil kündet.

Natürlich spielt hier die Bergwelt eine grosse Rolle, aber Koch verweigert sich der altbekannten und romantisierenden Heile-Welt-Idylle. Für seinen Film wählte er das 4:3 Format, um so nicht die imposante Horizontale der Berge, sondern ihre Vertikale zu betonen. Hier geht es um Abgründe und Kameramann Armin Dierolf fängt auf beeindruckende Weise nicht nur die Schönheit, sondern auch die beklemmende Enge des Tals ein. Überhaupt sind es die Bilder, die den Film so eindrucksvoll werden lassen: die Anstrengung und die Härte des Arbeitsalltags werden fast körperlich spürbar und zugleich stellt die Kamers eine unmittelbare Nähe zu den Figuren her und lässt ihre Körper und Gesichter zu Landkarten ihrer unausgesprochenen Emotionen werden.Und auch wenn in «Drii Winter» das Schicksal mit aller Härte über eine junge Familie hereinbricht, verliert sich der Film nicht in Hoffnungslosigkeit, sondern findet Trost im unabänderlichen Lauf der Dinge.

08.06.2022

4

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Kommentare

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ursulus

vor einem Jahr

Der Film ist zu langatmig, die Geschichte zu langsam aufgezeigt. So wird er richtig langweilig - Schade, denn die Schauspieler sind toll!


thomasmarkus

vor einem Jahr

Die Zeit scheint in der Tat still zu stehen:
Langsamer Film, der, Vorfilm und Kritiken, anfang erwartbar scheint,
aufs Mal Fahrt aufnimmt, und dann "ausplämpelet".
Etwas Geduld gefragt - vielleicht wie beim Drehen, beim Warten auf Nebel...
Hat sich aber gelohnt.


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