CH.FILM

Go Home Belgien, Frankreich, Schweiz 2015 – 110min.

Filmkritik

Geh dahin, wo du herkommst!

Filmkritik: Baris Erdal

Was ist „Heimat“ und wo ist sie? In Zeiten der ständigen Migration und Bewegung sind diese Fragen gar nicht mehr so leicht zu beantworten. Sollte „Heimat“ in der heutigen Zeit neu definiert werden? Nada, die Hauptfigur in Go Home, geht dieser Frage auf den Grund. Auf der Suche nach ihrer Heimat, Familiengeschichte und sich selbst stösst sie im Libanon nicht nur auf Heimatgefühle sondern auch auf Widerstände. Der Film stellt die inneren und äusseren Konflikte der Hauptperson treffend dar, verliert aber irgendwann ein wenig an Spannung – damit wird er aber zumindest ein politisch interessiertes Publikum in den Bann ziehen können.

Im Coming-Of-Age-Film kehrt Nada (Golshifteh Faranhani) nach Jahren im Exil in den Libanon zurück. Sie kampiert in den Ruinen ihres verwüsteten Elternhauses, dem einzigen Ort, an dem sie sich noch zu Hause fühlt. Geführt vom Geist des kleinen libanesischen Mädchens, das sie einst war, durchforscht sie ihre bruchstückhaften Erinnerungen, um das Geheimnis zu lüften, das ihr keine Ruhe lässt: Was geschah mit ihrem Grossvater, der während des Kriegs verschwand? Sie befragt ihre Nachbarn, ihre Familie, ihren Bruder. Nadas Weg ist hart, holprig und chaotisch, doch sie wird an ihm wachsen, und auf diesem teilweise steinigen Weg kann Zärtlichkeit erblühen.

Nadas Erinnerungen in Form von Flash-Backs treiben nicht nur die Reise der Figur an, sondern auch die Erzählform des Films. Die Zuschauer verfügen über dasselbe Wissen wie die Hauptfigur, wodurch nach und nach die Puzzle-Stücke der Geschehnisse zusammengefügt werden. Der Regisseurin Jihane Chouaib gelingt es dadurch, die Neugier des Publikums nach der Auflösung der Geschichte zu wecken. Dennoch zieht sich die Spannung nicht über den ganzen Film hinweg. Trotz der durchschnittlichen Laufzeit von rund 100 Minuten zieht sich der Film in die Länge. Gründe dafür sind einerseits die ruhig erzählten Szenen, in denen schlichtweg zu wenig Handlung passiert und dann die redundanten Dialoge, die auch durch körperliche Ausdrucksformen des Schauspiels hätten vermittelt werden können.

Das mit autobiografischen Elementen geschmückte Drama spricht relevante Themen an, wie beispielsweise noch anlaufende politische Spannungen, die Flucht vom Heimatland, Fragen der sozialen Akzeptanz etc. Jihane Chouaib verstand es besonders gut, die inneren und äusseren Konflikte der Hauptfigur überzeugend zu inszenieren, wodurch es dem Zuschauer einfacher fällt, Empathie gegenüber Nada aufzubauen. Die Tatsache, dass Nada nirgends willkommen ist und sich ständig ein „geh nach Hause“ anhören muss, lässt vermutlich auch die härtesten Zuschauer nicht kalt.

Trotz der filmischen Schwäche des tiefen Spannungsbogens, kann der Film auf der Gefühls- und Inhaltsebene überzeugen. Go Home ist definitiv nicht für ein grosses Publikum gemacht - dennoch kann die im mittleren Osten abspielende Handlung politisch interessierte Arthouse-Filmfans in den Bann ziehen.



19.02.2024

3

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