CH.FILM

Die Schwalbe Schweiz 2016 – 102min.

Filmkritik

Im wilden Kurdistan

Rolf Breiner
Filmkritik: Rolf Breiner

Ein Spielfilm wirkt wie eine Dokumentation: Der Schweizer Filmer mit kurdischen Wurzeln, Mano Khalil (Der Imker), schickt eine junge Schweizerin auf die Spuren ihres Vaters in Kurdistan. Sie wird mit einem fremden Land und einer verborgenen Vergangenheit konfrontiert – auf ihrer Suche nach Identität. Der Eröffnungsfilm der 51. Solothurner Filmtage.

Es war eine Taube, nicht die Nachtigall und auch nicht die Schwalbe, wie der Filmtitel verspricht, die Mira auf dem Dachboden irritierte und quasi auf ein Packen Briefe aufmerksam machte. Es sind Briefe ihres verschollenen, totgeglaubten Vaters. Mira, überzeugend Manon Pfrunder, gut behütet von ihrer Mutter ist in Bern aufgewachsen, ist von der Idee besessen, die Spuren ihres Vaters aufzunehmen – in Irakisch-Kurdistan. Ihr Freund Stefan hält nichts von der Idee, also zieht Mira auf eigene Faust los. Wo lebt er, was ist er wirklich für ein Mann, ein Freiheitskämpfer? Wie zufällig taucht der deutsch sprechende Kurde Ramo (Ismail Zagros) am Flughafen Erbil auf und bietet seine Dienste als «Reiseführer» an. Aber das nicht aus lauter Nächstenliebe, erfahren wir schnell. Er hat einen Auftrag, eben diesen Mann, Miras Vater, aufzuspüren. Aber davon ahnt die Schweizerin nichts. Die vertraut sich reichlich naiv dem umsichtigen Kurden an und kutschiert mit ihm durch die Lande – am riesigen syrischen Flüchtlingscamp vorbei zum zerbombten Palast von Saddam Hussein und zu Ramos Heimatdorf. Die Fahrt ist nicht ungefährlich. Es gibt Strassensperren, garstige Beamte, wilde Soldaten, misstrauische Bauern.

Man hat es kommen sehen: Mira, die Suchende, und Rama, der Fahndende, kommen sich näher. Rama steckt in der Klemme, denn er soll Miras untergetauchten Vater liquidieren, wenn sie ihn aufgespürt haben. Man spürt recht rasch, dass die Umstände gegen die beiden «Reisenden» sind. Die Vorhersehbarkeit ist eine Schwäche des Films, doch das macht die Authentizität wett – gedreht (Kamera: Revan Radween) wurde vor Ort. Dokumentarisches und Fiktives verwischen. Der Film ist echt, wirkt wahrhaftig. Kein Wunder, hat Mano Khalil (Buch und Regie) doch mit seinen Dokumentarfilmen Unser Garten Eden und Der Imker bewiesen, eine kleine Welt im Grossen zu zeigen, den Menschen nahe zu sein, sie zu verstehen. Mira ist «Die Schwalbe» - der Vogel gilt als Symbol für Heimkehr, die Schwalbe kehrt immer wieder in ihr Nest zurück. Die Schweizerin sucht nicht nur ihren Vater und seine Identität, sondern auch die eigene. Das tragische Roadmovie schildert fesselnd die Geschichte einer Findung, einer bitteren Klärung und Läuterung.

15.02.2016

4

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Kommentare

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johannes57

vor 7 Jahren

Unbedingt anschauen – ein grossartiger und sehr wichtiger Film mit grandiosen Hauptdarstellern!


thomasmarkus

vor 8 Jahren

Spas!!!


T. Furgler

vor 8 Jahren

Mano Khalil trifft ein weiteres Mal ins Kinoherz.
Schon "Unser Garten Eden" und "Der Imker" waren gefühlvoll und ehrlich. "Die Schwalbe" steht den beiden Doks in nichts nach. Manon Pfrunder und Ismail Zagros nehmen einem auf eine wundersame Reise mit. Tolle Landschaftsbilder, eine aufwühlende Geschichte und ein subtil-kritischer Blick auf zwei unterschiedliche Kulturen... Die Schwalbe - definitiv einen Gang ins Kino wert.Mehr anzeigen


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