Kritik5. Dezember 2018

Netflix-Kritik «Mogli: Legende des Dschungels»: Eine durchwachsene Neuinterpretation

Netflix-Kritik «Mogli: Legende des Dschungels»: Eine durchwachsene Neuinterpretation
© Netflix

Ursprünglich für die Kinoleinwand entworfen, findet die von Andy Serkis inszenierte Auffrischung von Rudyard Kiplings berühmten Dschungelerzählungen nun über Netflix den Weg zum Publikum. Erwarten darf man einen optisch einnehmenden, inhaltlich aber etwas verkorksten Abenteuerfilm.

Kritik von Christopher Diekhaus

Als der Panther Baghira (Stimme im Original: Christian Bale) über das hilflose Menschenbaby Mogli stolpert, bringt er das Findelkind zu Leitwolf Akela (Peter Mullan), der es trotz Bedenken in sein Rudel aufnimmt und fortan grosszieht. Jahre später hat sich der Säugling zu einem zähen Urwaldbewohner (gespielt von Rohan Chand) entwickelt, der sich unter Anleitung des Bären Balu (Andy Serkis) auf eine immens wichtige Prüfung vorbereitet.

Gemeinsam mit anderen jungen Wölfen möchte Mogli beweisen, dass er genügend Ausdauer besitzt, um mit den erwachsenen Tieren auf die Jagd zu gehen – was dem als Freak verspotteten Zweibeiner endlich einen festen Platz im Rudel sichern würde. Da der durchtriebene Tiger Shir Khan (Benedict Cumberbatch) den Jungen um jeden Preis töten will, sieht sich Baghira gezwungen, Moglis Erfolg zu verhindern und ihn damit zur Rückkehr ins Menschendorf zu bewegen.

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Serkis fängt immer mal wieder intensive Momente ein.– Cineman-Filmkritiker Christopher Diekhaus

Die jüngste Regiearbeit des Motion-Capture-Spezialisten Andy Serkis (bekannt für die Gollum-Kreatur in «Der Herr der Ringe» und den Schimpansen Caesar aus den neuen «Planet der Affen»-Filmen) stand von Anfang an unter keinem besonders guten Stern. Zunächst war die Kipling-Neuauflage für eine Veröffentlichung im Herbst 2016 vorgesehen, die jedoch diverse Male verschoben wurde – sicher auch, um einem direkten Vergleich mit Jon Favreaus Disney-Adaption «Das Dschungelbuch» von April 2016 aus dem Weg zu gehen.

Im Juli 2018 verkaufte Warner Bros. schliesslich seine Auswertungsrechte an den Streaming-Riesen Netflix, sodass der Zuschauer jetzt – klammert man den limitierten Kinostart in den USA einmal aus – lediglich auf dem kleinen Bildschirm in den Genuss von «Mogli: Legende des Dschungels» kommt. Angesichts der durchaus beeindruckenden Urwaldbilder und der soliden (gemessen an «Das Dschungelbuch» aber etwas schwächeren) Animationsarbeit ist das sicherlich bedauerlich.

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Als mitreissendes Dschungelabenteuer funktioniert der Film nur bedingt.– Cineman-Filmkritiker Christopher Diekhaus

Für die Sprechrollen konnte Serkis diverse prominente Schauspieler gewinnen. Sein Titelheld ist mit Jungdarsteller Rohan Chand pfiffig besetzt. Der düstere Ton aus Kiplings Erzählungen schlägt sich in der Stimmung spürbar nieder (es gibt keine beschwingten Lieder!). Und immer mal wieder fängt der Regisseur intensive Momente ein – etwa dann, wenn der tauchende Mogli an der Wasseroberfläche das blutverschmierte Gesicht Shir Khans entdeckt und vor lauter Angst erstarrt.

Als mitreissendes Dschungelabenteuer funktioniert der Film dennoch nur bedingt, da es den Machern schwerfällt, die Coming-of-Age-Geschichte ihres Protagonisten emotional packend aufzubereiten. Die angedeutete Identitätssuche kommt über Stichworte nicht hinaus. Und spätestens ab der Hälfte zieht eine merkwürdige Hektik in das Drehbuch ein, die viele Entwicklungen – einschliesslich des plötzlich anbrechenden Showdowns – arg forciert erscheinen lässt. Eine legendäre Heldenreise, wie sie der Titel verspricht, stellt man sich dann doch ein gutes Stück epischer und wuchtiger vor.

2.5 von 5 ★

«Mogli: Legende des Dschungels» ist ab Freitag, 7. Dezember auf Netflix verfügbar.

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