Artikel6. April 2023

Filmtagebuch: Choose a Character! Die Evolution des Super-Mario-Universums

Filmtagebuch: Choose a Character! Die Evolution des Super-Mario-Universums
© Universal Pictures Switzerland

Der italienische Klempner mit Schnauzer hat einen langen Weg hinter sich, seit er 1985 das erste Mal in seinem eigenem Game «Super Mario Bros.» über den Bildschirm hüpfte. Jetzt wagt das Franchise im grossen Stil den Sprung auf die Leinwand und bringt alle beliebten Charaktere der Reihe mit. Ein Grund für uns, die Charaktere und ihre Entwicklung einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Wer ist seit den pixeligen Anfängen gleich geblieben und wer legt eine 180-Grad-Wendung hin?

Mario: Vom Superhelden zum Helden des Alltags

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Viel war den Gamern der 1980er- und 90er-Jahre nicht bekannt über die Herkunft und charakterlichen Tiefen des Superhelden im Blaumann. Sicher, er ist Italiener, aber wie ist er in diese Welt gerutscht, was macht er inmitten der Heerscharen von Pilzen und warum muss er immer wieder die Prinzessin retten, die sich irgendwie immer gerade in einem anderen Schloss aufhält?

Mit den Jahren und den Games kamen immer mehr Infos über Mario ans Licht, bis sich die quietschbunte Welt des Mushroom-Kingdom und unsere Welt zuletzt in «Super Mario Odyssey» recht deutlich näher kamen. In «Der Super Mario Bros. Film» wird aus «New Donk City» dann das echte New York City – doch was macht das mit Mario?

Aus der recht klassischen Heldenfigur mit Superfähigkeiten und dem sicheren Sieg gegen alle Widerstände wird nun ein normaler Mensch bzw. ein Everyman, der mit recht normalen Problemen zu kämpfen hat. Er sehnt sich nach der Anerkennung seines Vaters, will ein erfolgreiches Business aufbauen, muss sich gegen Gemeinheiten der Konkurrenz verteidigen und trägt die Verantwortung für seinen kleinen Bruder Luigi.

Angekommen in der Wunderwelt des Pilzkönigreichs steht der arme Mario recht verlassen da und muss seine Fähigkeiten erst entwickeln und jede Menge Hilfe in Anspruch nehmen. Der Film macht dabei sehr deutlich, dass die besonderen Kräfte nicht von innen kommen, sondern nur mithilfe der Gegenstände aus den Fragezeichen-Blöcken gewonnen werden. Eine weitere wichtige Botschaft: Übung macht den Meister! Auf einem Hindernisparcours durchläuft Mario unzählige Durchgänge bevor es endlich besser wird – ein grossartiger Kniff, um die Distanz zwischen dem Helden und dem Publikum zu verringern, denn das Immer-wieder-Versuchen und ständige Üben ist genau das, was die Menschen an den Konsolen all die Jahre getan haben und was das Spielen ausmacht.

Bowser: Der immerwährende Erzfeind

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War in den ersten Auftritten des Schnauzbarts noch Donkey Kong der Bösewicht, so wurde dieser ebenfalls ab dem 1985er Klassiker «Super Mario Bros.» durch King Koopa aka Bowser abgelöst. Er ist seitdem Marios Erzfeind, der in unzähligen Games die Prinzessin entführt und die Herrschaft über das Pilzkönigreich zu erlangen versucht. Bowser ist eine riesige stachelige Schildkröte mit Heavy-Metal-Aussehen, die drachenmässig Feuer speien kann, als Herrscher der Koopas verehrt wird und unzählige weitere Bösewichte und Monster befehligt.

Während Bowser in den allermeisten Super-Mario-Games keine Motivation für seine bösen Taten angibt oder Prinzessin Peach entführt, um sich ihr Königreich zu eigen zu machen, werden seine Ziele in «Super Mario Odyssey» etwas variiert. Hier taucht das erste Mal der Handlungsstrang auf, dass Bowser die Prinzessin entführen möchte, um sie zu heiraten – ein Motiv, das schliesslich auch in «Der Super Mario Bros. Film» die Ziele von Bowser bestimmt.

Obwohl Bowser im Film weiterhin seine üblichen Bösewicht-Charakterzüge zur Geltung kommen lässt, erobert, brandschatzt und bedroht, was das Zeug hält, wird die Liebe zu Peach hier deutlich stärker hervorgehoben. In der Art des Phantoms der Oper singt Bowser am Flügel in seiner einsamen Festung schmalzige Liebeslieder an seine Angebetete. Anders als das Phantom oder auch das Biest, das die Schöne liebt, ist der König der Koopas allerdings voller Selbstbewusstsein und Zuversicht, dass seine Gefühle erwidert werden. Erfrischenderweise stellt der Film mit der Reaktion der Koopas sehr deutlich heraus, was von einer Hochzeit gegen den Willen der Frau zu halten ist.

Prinzessin Peach: Die Damsel out of Distress

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Eine der grössten Charakterentwicklungen macht wohl die Herrscherin des Pilzkönigreiches, Prinzessin Peach, durch. In nahezu allen Spielen der «Super Mario» Reihe ist sie die Reinform der Damsel in Distress, also eine wehrlose Frau, die gekidnappt, gefangen gehalten oder schlicht gefesselt wird und sich selbst nicht aus dieser Lage befreien kann. Peachs einzige Aufgabe besteht im Grunde darin, hilflos zu zappeln und nach ihrem Helden Mario zu rufen.

Obwohl Prinzessin Peach in der langjährigen Geschichte des Franchises in einer Reihe von eigenen Games die Hauptrolle spielen durfte und vor allem in Reihen wie «Mario Kart» oder «Super Smash Bros.» ein gleichwertiger, spielbarer Charakter ist, bleiben ihre prinzessinnenhaften Manieren, ihre niemals abbrechende Vorliebe für Rosa und das Tragen von High-Heels in allen Lebenslagen klischeehafte Charakterzüge, die nie wirklich verändert wurden.

Einige dieser Eigenschaften bleiben auch in «Der Super Mario Bros. Film» erhalten, trotzdem wird die Verfilmung genutzt, um eine umfassende Xenafication, also Ermächtigung dieses weiblichen Charakters, durchzuführen. Prinzessin Peach ist jetzt eine selbstbewusste Herrscherin, die mit jeder Menge Fähigkeiten und Wissen über ihre Welt ausgestattet ist, insgesamt aber leider eine einsame Schlumpfine in einer männlich dominierten Welt bleibt. Trotzdem ist die Weiterentwicklung der Figur eine sehr willkommene und längst überfällige Veränderung, die grossen Spass macht. Das Motorrad fahrende, Abenteuerparcours absolvierende, Tritte verteilende Action Girl ist hoffentlich eine Entwicklung, die nicht mehr rückgängig gemacht wird.

Luigi: die neue Damsel in Distress?

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Luigi ist die ewige zweite Geige neben seinem weitaus berühmteren, irgendwie besser proportionierten und farblich besser akzentuierten Bruder Mario. Obwohl auch er seit den Anfängen der Reihe fest zum Ensemble gehört und auch seine eigenen Games bestreitet, ist seinem Charakter das Dasein als ewige schlechte Kopie eines besseren Originals eingebrannt.

Luigi wird üblicherweise als weniger heldenhaft und ängstlich dargestellt und kann nur über seinen eigenen Schatten springen, um seinen Bruder Mario oder sein ebenfalls farbgeumkehrtes Love Interest Daisy zu retten. Ihm passieren meistens schlimme Dinge, er ist der Pechvogel und oft auch das Ziel von Spott und Häme – er bedient damit das Klischee des Butt-Monkey, dem auch Charaktere wie Charlie Brown, Dumbo oder Wall-E angehören.

In «Der Super Mario Bros. Film» ändert sich daran erst einmal wenig – Luigi hängt an seinem grossen Bruder, ist ängstlich und zeigt wenig eigene heldenhafte Initiative. Lediglich das Verspottende, Hämische wird erfreulicherweise durch eine echte brüderliche Liebe und Zusammenhalt ersetzt. Nach Prinzessin Peachs Emanzipation zur selbstständigen Figur wird Luigi zur neuen Damsel in Distress – denn irgendwer muss ja schliesslich gerettet werden! Erst im grossen Finale darf auch Luigi gemeinsam mit Mario Heldentaten vollbringen.

Extra: Der fatalistische Luma

Eine komplette Neuinterpretation erhält eines der niedlichsten Wesen aus dem Super Mario Universum: ein Luma. Die kleinen Sternenwesen, die aus «Super Mario Galaxy» bekannt sind, sind bezaubernde Helfer auf Marios Rettungsmission, die grundsätzlich kindlich und positiv sind. Nicht so der Luma in «Der Super Mario Bros. Film»! Äusserlich niedlich und mit kindlicher Stimme macht er im Verlies Bowsers seinen Mitgefangenen das Leben mit seinen fatalistischen Äusserungen das Leben zur Hölle. Eine echte charakterliche Kehrtwende, die für schwarzen Humor im ansonsten quietschbunten Animationsspektakel sorgt.

«Der Super Mario Bros. Film» läuft seit dem 05. April im Kino.

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Kommentare 2

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theboch

vor einem Jahr

Nicht zu vergessen: Yoshi :-)

Maria_Engler

vor einem Jahr

Leider kam Yoshi ja nur ganz kurz im Film vor – aber vielleicht hast du ja in einer Fortsetzung Glück – die Post-Credit-Scene verheisst ja Gutes :)


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