Artikel25. März 2024

FIFF 2024: 4 Filmtipps vom Festival International du Film de Fribourg

FIFF 2024: 4 Filmtipps vom Festival International du Film de Fribourg
© Trigon-Film

Die 38. Ausgabe des Internationalen Filmfestivals Freiburg (FIFF) lief vom 15. bis 24. März und brach mit 48’000 Kinoeintritten einem neuen Publikumsrekord. Bei der Preisverleihung am Samstagabend wurden fünf der zwölf Spielfilme des Internationalen Wettbewerbs ausgezeichnet. Wir haben dir Kritiken zu 4 der interessantesten Filme des Festivals mitgebracht.

Kritiken von Teresa Vena

«Sleep»

Im Schlaf zum Monster werden

Jason Yu | Südkorea, 2023, 95 min.

Hyeon-soo (Lee Sun-kyun) arbeitet an einem neuen Film. Er steht deswegen unter Druck und das wirkt sich auf seinen Schlaf aus. Erst ist es Schlaflosigkeit, dann bringen ihn die Albträume dazu, sich seltsam zu verhalten. So sehr, dass seine Frau Soo-jin (Jung Yu-mi) langsam Angst bekommt – um sich und ihr gemeinsames Neugeborenes. Trotz ärztlicher Betreuung läuft die Sache immer mehr aus dem Ruder und womöglich sind auch übernatürliche Mächte im Spiel.

Es ist etwas schade, dass der Film nicht in Gänze überzeugen kann. Es ist nämlich das letzte Projekt, an dem Schauspieler Lee Sun-kyun vor seinem Tod beteiligt war. Einmal mehr beweist er in «Sleep», dass er zu den talentiertesten Darsteller:innen seiner Generation gehört hat. Doch auch ihm gelingt der Spagat zwischen den Genres, die der Film vollziehen möchte, nur bedingt.

Im koreanischen Kino ist es eine bewährte Form, Komik und Horror sowie Spannung zu vereinen. Hier wirkt es allerdings verkrampft. Dem Motiv des religiösen Kults kann Regisseur Jason Yu nichts Eigenes hinzufügen. Das bedeutet nicht, dass es dem Film an Spannung fehlt. Er ist recht kurzweilig und eben insbesondere wegen seines Hauptdarstellers sehenswert.

3 von 5 ★

«The Monk and the Gun»

Aus dem Land der Glücklichen

Pawo Choyning Dorji | Bhutan, 2023, 107 min.

Der junge Mönch Tashi (Tandin Wangchuk) wird von seinem Lama beauftragt, eine Waffe zu besorgen. Etwas überrascht macht er sich auf die Suche. Doch in Bhutan sind Waffen eine grosse Seltenheit. Parallel dazu reist der Amerikaner Ron (Harry Einhorn) ins Land, weil er mithilfe des Einheimischen Tshomo (Deki Lhamo) ein wertvolles, historisches Gewehr ausfindig gemacht hat. So kommt es, dass gleich zwei Parteien ein auf das gleiche Stück werfen. Ron wird merken, dass Geld nicht immer glücklich macht...

«The Monk and the Gun» ist der zweite Spielfilm des bhutanischen Regisseurs Pawo Choyning Dorji. Der Film ist auf dem Weg, genauso erfolgreich zu werden wie sein Erstling «Lunana». Erneut lehrt der Film mehr über ein Land, aus dem bisher kaum Filme hervor gegangen sind. Einer der Gründe führt «The Monk and the Gun» gleich selbst an: Die technische Entwicklung Bhutans ist bescheiden, die Bevölkerung lebt weitgehend ländlich.

Natürlich präsentiert «The Monk and the Gun» ein reichlich geschöntes Bild eines Landes, das zu den weltweit glücklichsten gehören soll. Dennoch gelingt es dem Film unter dem Zuckerguss, allgemeingültige philosophische Fragen herauszustellen. Mit mehr oder weniger subtilem Humor fordert er auf, eigene gesellschaftliche Selbstverständlichkeiten zu überdenken. Abgesehen von den fantastischen Landschaftsaufnahmen wartet «The Monk and the Gun» zudem mit einer Reihe liebenswert-skurriler Charaktere auf.

4 von 5 ★

«When Evil Lurks»

Innere Dämonen

Demián Rugna | Argentinien, 2024, 99 min.

Die beiden Brüder Pedro (Ezequiel Rodríguez) und Jaime (Demián Salomon) finden eine brutal zerfetzte Leiche in der argentinischen Pampa. Sie machen Halt beim Haus einer Familie, das sich in der Nähe befindet. Dort bestätigt man, dass der Tote, ein Exorzist, eigentlich zu ihnen wollte. Als die Brüder ins Schlafzimmer gehen, erfahren sie wieso: Der ältere Sohn liegt aufgedunsen, röchelnd und mehr tot als lebendig auf dem Bett. Ein Dämon hat Besitz von ihm ergriffen. Die Brüder werden in die Geschichte hineingezogen und ziehen den Zorn dunkler Kräfte auf sich.

In «When Evil Lurks» des argentinischen Regisseurs Demián Rugna geht es von Anfang an zur Sache. In hohem Tempo peitscht der Film das Publikum durch die Geschichte. Die Spannung reisst zu keinem Moment ab. Rugna mischt drastische Bilder von körperlichen Deformationen und Verstümmelungen mit psychologischem Thriller. Dabei schöpft er aus verschiedenen Themen wie Aberglaube und Geistergeschichte, die er mit den persönlichen Ängsten seiner Protagonist:innen anreichert.

Genau dieser Aspekt macht den Film so wirkungsvoll, denn im Grunde ist man sich gar nicht so sicher, ob die äusseren Umstände furchteinflössender sind, als die inneren. Seit seiner Weltpremiere beim Festival für fantastischen Film in Sitges reist «When Evil Lurks» von Festival zu Festival. Im spanischsprachigen Raum ist der Regisseur schon mit früheren Arbeiten bekannt, jetzt könnte ihm der internationale Durchbruch gelingen.

4 von 5 ★

«A Normal Family»

Blut ist dicker als Wasser

Hur Jin-ho | Südkorea, 2023, 116 min.

Jae-wan (Sol Kyung-gu) und Jae-gyu (Jang Dong-gun) sind ungleiche Brüder. Jae-wan ist ein erfolgreicher und opportunistischer Strafanwalt, Jae-gyu ein hingebungsvoller Kinderarzt. Die beiden sind sich in vielen Dingen uneinig, insbesondere in Bezug darauf, ob man sich aufgrund von Sozialstatus besondere Privilegien herausnehmen sollte. Es kommt zum Eklat, als ausgerechnet die eigenen Kinder in ein Verbrechen verwickelt sind und die beiden Familien entscheiden müssen, wie sie damit umgehen sollen.

Regisseur Hur Jin-ho adaptiert mit «A Normal Family» den Roman des niederländischen Erfolgsautors Herman Koch, der 2009 veröffentlicht wurde. Der koreanische Film ist bereits die vierte Verfilmung. Nach einer ersten, sehr gelungenen niederländischen Version folgten zwei uninspirierte Versuche. Hur Jin-ho seinerseits kann insofern überzeugen, dass er das Thema glaubwürdig in den koreanischen Kulturkreis transportieren kann.

Dennoch fehlt es «A Normal Family» insgesamt an Spannung, weil sich mehrere Längen eingeschlichen haben. Dem Film hätte eine Straffung auf jeden Fall gutgetan. Auf diese Weise wären auch die schauspielerischen Leistungen der Darsteller:innen besser zur Geltung gekommen. Gerade die beiden jungen Schauspieler:innen im Mittelpunkt der Geschichte erfüllen ihre Rolle so souverän, dass es einem eiskalt den Rücken hinunterläuft. Abgesehen von seinem rein künstlerischen Wert, behandelt der Film einen Stoff, der von grosser Aktualität ist und zu Recht viele moralische Fragen aufwirft.

3 von 5 ★

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