Kritik16. Januar 2019

DVD-Tipp: «American Animals», ein Heist-Movie der etwas anderen Art

DVD-Tipp: «American Animals», ein Heist-Movie der etwas anderen Art
© IMDB

Statt Profis sind es Studenten, statt einer Menge Geld ein altes Buch und statt einer Bank eine schlecht gesicherte Bibliothek: Der auf einer wahren Geschichte basierende Thriller «American Animals» ist ein Heist-Movie der etwas anderen Art – und trifft genau damit ins Schwarze.

Man nehme: Einen Haufen halbstarke Studenten, eine wenig gesicherte Bibliothek, äusserst wertvolle Bücher und eine Google-Suche nach Tipps zu einem Raubüberfall – und schon hat man eine Heist-Story der etwas anderen Art, die sich perfekt für die Grossleinwand eignet. Was sich nach einem äusserst cleveren Einfall eines Drehbuchschreibers anhört, ist tatsächlich so passiert: 2004 hatten vier Studenten in Kentucky die Schnauze voll vom biederen angepasst sein und ihrem vermeintlich langweiligen Leben, und planten über Monate einen Überfall auf die hiesige Bibliothek der Transylvania University, wo relativ ungeschützt einige wertvolle alte Bücher und Kunstbände im Wert von 12 Millionen Dollar herumliegen – die Chance also, den Rest des Lebens ähnlich wie in «Die Verurteilten» irgendwo in der Karibik mit süssem Nichtstun zu verbringen.

Was viele als netten, aber verrückten Tagtraum abtun würden, fanden der oft bekiffte Kunststudent Warren, der angehende Profisportler Spencer, der eine Karriere beim FBI anstrebende Eric und der Fitness-Verliebte Chas wohl doch nicht so wild, weshalb sie sich minutiös auf den Tag X vorbereiteten: Indem sie alle Heist-Movies schauen, die ihnen in die Hände kommen, einen sogenannten Schieber kontaktieren, die Bibliothek in Miniatur-Form nachbilden und sich Kostüme besorgen, mit denen sie verkleidet als alte Männer den geplanten Coup begehen können. Die Realität ist jedoch häufig etwas komplizierter, als sie uns in Filmen präsentiert wird – eine Erkenntnis, die auch bei den vier Studenten aus Kentucky irgendwann ankommt...

Nebst einer originellen Story punktet der Film auch mit seiner visuellen Machart: Passend zum Thema – Warren studiert Kunst, weshalb er überhaupt darauf aufmerksam wird, wie viel das Kunstalbum in der Bibliothek wert ist – dominiert während den gut 2 Stunden ein künstlerischer Ansatz mit einer kreativen Kameraführung. So kommt zum Beispiel sogar eine Szene im Supermarkt, in der Warren (Evan Peters) und Spencer (Barry Keoghan, «Dunkirk») sich ihr Leben à la «Die Verurteilten» ausmalen, dank vielen Farben und einer spannend gewählten Perspektive äusserst stylisch daher.

Das zweifelsfrei noch Interessantere an «American Animals» ist aber, dass die wirklichen Studenten und ein Teil ihrer Angehörigen wie in einem Dokumentarfilm von ihren Erinnerungen an ihre Taten erzählen, während die Ereignisse von damals anhand der Erzählungen mittels Schauspielern nachgestellt werden – wenig erstaunlich, kommt Regisseur Bart Layton aus dem Dokumentarfilm-Bereich. Der Thriller erhält damit eine echte Komponente, ohne an der Spannung eines Thrillers einzubüssen, was auch durch einen eindringlichen Score in den brenzligen Situationen verstärkt wird. Auch können so tiefergehende Themen angesprochen werden, ohne vom so typischen Schalk eines Heist-Movies zu verlieren. Unser Tipp: Nachmachen lohnt sich nicht wirklich, Anschauen hingegen schon.

4 von 5 ★

«American Animals» ist ab sofort digital, auf DVD und als Blu-Ray verfügbar.

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