Kritik27. November 2020

Sky-Kritik «The Undoing»: Es ist nicht alles Gold, was glänzt

Sky-Kritik «The Undoing»: Es ist nicht alles Gold, was glänzt
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Nicole Kidman und Hugh Grant sind grossartig in diesem Krimi, der in der New Yorker High Society spielt, der aber bald aufzeigt, dass sich unter der scheinbar perfekten Fassade schreckliche Wahrheiten verbergen.

Filmkritik von Gaby Tscharner

Grace (Nicole Kidman) und Jonathan Fraser (Hugh Grant) sind ein New Yorker «Power Couple». Er ein erfolgreicher Arzt und Krebsspezialist für Kinder, sie eine Psychotherapeutin auf der New Yorker Upper East Side. Ihr Sohn Henry (Noah Jupe) geht in die exklusive «Reardon»-Privatschule, die jedes Jahr eine Wohltätigkeitveranstaltung abhält, um die exorbitanten Schulgelder für solche Kinder zu decken, die weder reich noch weiss sind. Damit will die Schule ihre Diversität beweisen. Als eines Tages jedoch Elena Alves (Matilda de Angelis), die Mutter eines der Begünstigten dieser Spendenaktion, tot in ihrem Studio aufgefunden wird, beginnt die Welt der so perfekt scheinenden Familie Fraser auseinanderzubrechen.

Susanne Biers präsentiert die opulente Welt der Frasers als verlockend und einladend, nur um uns den Boden unter den Füssen wegzuziehen und aufzuzeigen, wie verrottet diese Welt unter der schillernden Oberfläche doch ist.– Cineman-Filmkritikerin Gaby Tscharner

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«The Undoing» ist eine hochkarätige, sechsteilige Miniserie von «Ally McBeal»-Schöpfer David E. Kelley, der vor drei Jahren mit «Big Little Lies» ein Comeback feierte. Während diese Serie die Schönen und Reichen an der US-Westküste unter die Lupe nimmt, beschäftigt sich «The Undoing» mit der New Yorker High Society. Die Protagonisten wie Graces Vater Franklin (Donald Sutherland) wohnen in Manhattans Wolkenkratzern in grossräumigen Apartments voller Antiquitäten und mit Terrassen, die über den ganzen Central Park blicken. Grace und Johathan leben in einem Brownstone Gebäude, Manhattans Antwort auf das Einfamilienhaus, wo sich auf mehreren Etagen Schlafzimmer mit Seidentapeten, lichtdurchflutete Wohnküchen und Sitzzimmer mit Designersofas dahinziehen, als wären sie den Seiten einer Hochglanz-Architekturzeitschrift entsprungen.

Die dänische Regisseurin Susanne Biers («Birdbox») präsentiert die opulente Welt der Frasers als verlockend und einladend, nur um uns den Boden unter den Füssen wegzuziehen und aufzuzeigen, wie verrottet diese Welt unter der schillernden Oberfläche doch ist.

Die Berühmten und Reichen Amerikas glauben, nicht denselben Gesetzen zu unterliegen wie alle anderen Bürger.– Cineman-Filmkritikerin Gaby Tscharner

Die Geschichte wird aus Graces Sicht erzählt und Nicole Kidman ist grossartig als renommierte Psychotherapeutin, die jedoch genug Musse hat, um ihren Sohn jeden Tag zur Schule zu bringen, sich in Schulangelegenheiten zu engagieren und sich Museumsbesuche und ausführliche Spaziergänge durch den Central Park zu leisten. Sie ist die Frau eines Onkologen, der Kinder von Krebs heilt und deshalb vergöttert wird. Doch Grace ist alles andere als eine Trophäenfrau. Als Jonathan von der Polizei des Mordes an Elena verdächtigt und in U-Haft genommen wird, ist sie es, die aus dem Polizeidetektiv (Édgar Ramírez) die Informationen herausholt, die sie braucht. Trotzdem muss Grace immer wieder ihre Kompetenz unter Beweis stellen. Sogar bei ihrem Vater. Als Franklin fürchtet, dass Grace nach Jonathans Entlassung aus dem Gefängnis wieder in seine Arme zurückkehren wird, entgegnet sie empört: «Wie schwach glaubst du eigentlich, dass ich bin?» Aber der Vater scheint seine Tochter zu kennen. Wenige Tage nachdem seine Kaution bezahlt und Jonathan auf freiem Fuss ist, steigt Grace zurück ins Bett ihres äusserst schuldig scheinenden Ehemannes. Welche Frau würde denn so etwas tun? Die Mörderin vielleicht.

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Das Interessante an «The Undoing» ist aber nicht wirklich, wer Elena Alves umgebracht hat. Fast alle Protagonisten haben ein Motiv für die Tat und David E. Kelly präsentiert uns in jeder Folge einen neuen Verdächtigen, nur leider ist seine Wahl meist eher absehbar. Das Spannende an «The Undoing» ist vielmehr, dass die Miniserie uns eine gehörige Portion von Sozialkritik liefert, einen Blick in die Leben der Berühmten und Reichen, die glauben, dass sie unantastbar sind. «Reiche Leute vertuschen die hässlichen Wahrheiten, wenn sie in die Ecke gedrängt werden», verrät Haley Gibson («Noma Dumezweni»), die Star-Anwältin des Hauptverdächtigen. «Sie glauben, darauf Anspruch zu haben, ungestraft davonzukommen, nur weil sie reich sind.»

Die Realität kennt genügend Beispiele für diese These. Ex-Football-Spieler und Ehefrauenmörder O.J. Simpson wurde erst freigesprochen. Filmproduzent Harvey Weinstein missbrauchte und vergewaltigte während Jahren zahlreiche Frauen. Im College-Skandal zahlten wohlhabende Leute wie die Schauspielerin Felicity Huffman («Desperate Housewives») Schmiergelder an Universitäten, um ihre Kinder als Studenten immatrikulieren zu lassen und Präsident Donald Trump weigert sich bis heute, das Weisse Haus zu verlassen, obwohl er die Wahl verloren hat. Sie scheinen zu glauben, nicht denselben Gesetzen zu unterliegen wie alle anderen Bürger. Bleibt zu hoffen, dass wenigstens in «The Undoing» dem Mörder von Elena Alves seine oder ihre gerechte Strafe erteilt wird.

4 von 5 ★

«The Undoing» ist ab 30. November auf Sky Show zu sehen.

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