Kritik12. November 2019

Serienkritik «For All Mankind»: Aufregender als das wahre Weltraumrennen

Serienkritik «For All Mankind»: Aufregender als das wahre Weltraumrennen
© Apple

Apple ist mit seinem Streaming-Dienst nun auch in der Schweiz an den Start gegangen. Von den vier hauseigenen Serien ist «For All Mankind» das Kronjuwel, weil sie die grössten Überraschungen bietet. Die Serienschöpfer spielen bewusst mit den Erwartungen des Zuschauers in einer Geschichte, in der der Wettlauf im All zwischen den USA und der Sowjetunion nie endet.

Serienkritik von Peter Osteried

Gespannt sehen die Amerikaner zu, wie ein Raumschiff auf dem Mond landet und der erste Mensch den Erdtrabanten betritt. Aber ein Amerikaner ist das nicht. Die Sowjets haben die USA geschlagen und als erstes einen Mann auf den Mond gebracht, der den marxistisch-leninistischen Weg beschwört, welcher dieses Ereignis erst möglich machte. Die USA sind im Schockzustand: Apollo 11 steht zwar kurz vor dem Start, doch die ersten auf dem Mond werden die Amerikaner nicht mehr. Dafür begeben sie sich in ein Wettrennen, das auch nach der Mondlandung nicht abflaut, sondern immer wieder neu befeuert wird.

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Alternative Historie ist ein dankbares Thema der Science Fiction. Meist, so hat man das Gefühl, geht es darum, was wäre, wenn die Nazis den Zweiten Weltkrieg gewonnen hätten. «For All Mankind» von den Serienschöpfern Ronald D. Moore, Ben Nedivi sowie Matt Wolpert ist da deutlich interessanter, weil auch sehr viel grösser aufgezogen. Denn die Macher zeigen ein Weltraumprogramm, wie man es sich gewünscht hätte – anders als in der Realität der 1970er-Jahre, als die NASA immer weniger Mittel zur Verfügung hatte und die Ambitionen immer geringer wurden. In der Serie ist das anders, geht es doch um den konstanten Konflikt mit den Sowjets, welche die USA nicht nur damit demütigen, indem sie den ersten Mann auf den Mond bringen.

Die Serie schafft es, das zeitgenössische Flair der späten 1960er-Jahre auferstehen zu lassen.– Cineman-Kritiker Peter Osteried

«For All Mankind» zeichnet eine bekannte und doch sich rasant verändernde Gesellschaft, da mit dem Start des Astronautinnen-Programms auch eine Emanzipation auf der Erde stattfindet. Das erlaubt es der Serie, nicht nur den spannenden Konflikt zweier Grossmächte in Hinblick auf die Eroberung des Alls zu zeigen, sondern auch, wie die Welt sich aufgrund dieses Wettrennens verändert. Denn jedes Ereignis sorgt für einen Welleneffekt. Würde man mit jeder Staffel deutliche Zeitsprünge machen, würde die Serie irgendwann in der Gegenwart ankommen und eine Welt zeigen, die sich deutlich von der unseren unterscheidet.

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Die Serie schafft es, das zeitgenössische Flair der späten 1960er-Jahre auferstehen zu lassen. Sie kombiniert echte historische mit fiktiven Personen und entwickelt ein Drama, das weit aufregender als das wahre Weltraumrennen ist. Damit ist «For All Mankind» eine faszinierende Was-wäre-wenn-Geschichte, die zur Diskussion einlädt.

4 von 5 ★

Die ersten vier Folgen von «For All Mankind» sind ab sofort auf Apple TV + verfügbar, danach wird wöchentlich am Freitag eine neue Folge veröffentlicht.

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