Kritik12. März 2021

Netflix-Kritik «Yes Day»: Ein «Nein» ist tabu

Netflix-Kritik «Yes Day»: Ein «Nein» ist tabu
© Netflix

Basierend auf dem gleichnamigen Kinderbuch von Amy Krouse Rosenthal und Tom Lichtenheld dreht sich im neuen Netflix-Streifen «Yes Day» alles um ein besonderes Arrangement zwischen einem Ehepaar und seinen Kindern. 24 Stunden lang dürfen die Kleinen entscheiden, was gemacht wird, und brauchen dabei keine Angst vor einem «Nein» zu haben.

Filmkritik von Christopher Diekhaus

Egal, wie lebensbejahend man auch sein mag – zum elterlichen Hauptwortschatz gehört, vor allem in den ersten Jahren nach dem Familienzuwachs, ein «Nein» in all seinen Erscheinungsformen: Nicht anfassen! Nicht werfen! Nicht auf die Strasse laufen! Ständig müssen Mama oder Papa die Bösen spielen und zahlreiche Dinge verbieten, die zum Teil unglaublich spannend sind. Eben dieses bestens vertraute Alltagsphänomen dient der Netflix-Komödie «Yes Day» als Aufhänger für eine ungewöhnliche Erziehungsmassnahme, mit der das Ehepaar Allison (Jennifer Garner) und Carlos Torres (Edgar Ramírez) seine genervten Kinder Katie (Jenna Ortega), Nando (Julian Lerner) und Ellie (Everly Carganilla) wieder auf seine Seite ziehen will.

Die ersten Minuten machen Lust auf mehr.– Cineman-Filmkritiker Christopher Diekhaus

© Netflix

Wie eine knappe, schwungvoll-sympathische Montage zu Beginn deutlich macht, waren Allison und Carlos früher leidenschaftliche Ja-Sager und stürzten sich mit Begeisterung in immer neue Abenteuer. Schlagartig vorbei war es damit, als sie Eltern wurden und plötzlich Verantwortung und Sorge an die erste Stelle traten. Obschon Carlos, der als Anwalt eines Technikkonzerns ständig mit einem «Nein» hantiert, seinem Nachwuchs ungern eine Bitte abschlägt, hält seine Gattin ihre Sprösslinge im Zaum. So auch, als die Teenagerin Katie mit dem Segen ihres Vaters ein Musikfestival besuchen will. Weil Allison glaubt, dass ihre Tochter dafür noch zu jung sei, erteilt sie dem Vorhaben eine Absage.

Auf dem nur wenig später stattfindenden Elternsprechtag fallen die Eheleute plötzlich aus allen Wolken, da ihre Kinder in der Schule offenbar ihre Verärgerung über die häusliche Situation vehement zum Ausdruck bringen. Besonders frustrierend ist ein von Nando geschnittener Film für den Geschichtsunterricht, der Allison als Diktatorin darstellt, die jeden Spass im Keim erstickt. Durch Zufall wird der Vertrauenslehrer Mr. Deacon (Nat Faxon) auf die getroffenen Torres-Eltern aufmerksam und erzählt ihnen von einem Arrangement, mit dem er als sechsfacher Vater stets gut gefahren ist.

Der sogenannte Yes-Day, an dem, von einigen Grundbedingungen abgesehen (zum Beispiel nichts Illegales, nichts Zukünftiges), alle Kinderwünsche erfüllt werden müssen, wirkt angeblich wahre Wunder. Allison und Carlos sind anfangs etwas skeptisch, wollen Katie, Nando und Ellie dann aber doch beweisen, dass echte Spasskanonen in ihnen stecken.

Dieser Komödienversuch verfehlt sein Ziel deutlich und hat daher nur eins verdient: ein klares «Nein»!– Cineman-Filmkritiker Christopher Diekhaus

Die ersten Minuten machen Lust auf mehr – umso ärgerlicher ist es, dass der von Justin Malen («Office Christmas Party») adaptierte und von Miguel Arteta («Lady Business») inszenierte Kinderbuchstoff im Anschluss dramatisch an Reiz verliert. Der Einführung in das Familienleben schenken die Macher nur wenig Raum, sodass Nandos bösem Video die Grundlage fehlt. Wie eine kaltherzige Unterdrückerin lernen wir die von ihrem Sohn mit Stalin und Mussolini verglichene Allison jedenfalls nicht kennen.

Ernüchternder als der unsaubere erste Akt ist allerdings das Yes-Day-Abenteuer selbst. Der von den Kids bestimmte Tag könnte zu lauter lustigen Eskapaden führen, entwickelt sich aber zu einer Aneinanderreihung weitgehend witzloser Slapstick-Einlagen. Nichts steht hier wirklich auf dem Spiel. Ein Streit wird zwanghaft herbeigeführt. Nebencharaktere müssen für platte Gags herhalten. Und noch dazu versteift sich das Drehbuch auf das Klischeebild der hysterischen, überbehütenden Mutterfigur.

© Netflix

Jennifer Garner, die auch in der Produzentenliste auftaucht, Edgar Ramírez und die drei Jungdarsteller können noch so viel Energie in ihre Performances legen – die Kurve kriegt «Yes Day» nicht mehr. Im letzten Drittel gelangen die Protagonisten auf recht billige Weise zu neuen Erkenntnissen, damit auch ja sichergestellt ist, dass am Ende ein stärkeres Zusammengehörigkeitsgefühl erwächst. Filme über den Stress zwischen Eltern und Kindern können ungemein unterhaltsam sein. Dieser Komödienversuch verfehlt sein Ziel jedoch deutlich – und hat daher nur eins verdient: ein klares «Nein»!

1.5 von 5 ★

«Yes Day» ist ab sofort auf Netflix verfügbar.

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Kommentare 3

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BigB

vor 3 Jahren

In der 47 Minute verliert sie eigentlich die Wette. Sie sagt nein zur Zuckerwatte. Ist das ein Fehler? Wenn ja ist der Film sehr schlecht.


Taz

vor 3 Jahren

Langweilig von A-Z. Diese Art von Familienfilmen sind ausgelaugt und nichts mehr sagend. Vergeudete Minuten. Finger weg!


Heinzpeter0211

vor 3 Jahren

Wenn ich noch so eine seichte Komödie sehe, kann ich einen Auswurf nicht mehr vermeiden. Nicht Mal aus Kinderaugen sehenswert. Ein Film ohne Charme und Witz – so etwas als Komödie zu bezeichnen, ist schlichtweg gelogen, dafür müsste eine neue Kategorie erfunden werden wie NIchtsehenswert!


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