Kritik30. August 2018

Im Sumpf des Verbrechens: Netflix-Kritik zur zweiten Staffel von «Ozark»

Im Sumpf des Verbrechens: Netflix-Kritik zur zweiten Staffel von «Ozark»
© Netflix

Nach der Veröffentlichung der Thriller-Serie «Ozark» wurden viele Stimmen laut, die die Netflix-Produktion mit «Breaking Bad» verglichen. Doch auch wenn Ähnlichkeiten erkennbar sind, besitzt das Format, wie die nun startende Staffel zwei beweist, ausreichend Eigenständigkeit – nicht zuletzt dank des Provinzschauplatzes im Herzen von Missouri.

Serienkritik von Christopher Diekhaus

Nach seiner Flucht aus einer Vorstadt von Chicago in die ländliche Region der Ozarks baut der Finanzberater Marty Byrde (Jason Bateman) gemeinsam mit seiner Gattin Wendy (Laura Linney) ein Netz an Scheinunternehmen auf, um das Geld eines mächtigen Drogenkartells zu waschen. Ihren eingeweihten Kindern Charlotte (Sofia Hublitz) und Jonah (Skylar Gaertner) versuchen die beiden, ein halbwegs normales Familienleben zu ermöglichen, doch der Druck auf die Byrdes nimmt immer weiter zu. Erst recht, als am Ende der ersten Staffel ihre Geschäftspartnerin Darlene Snell (eindringlich: Lisa Emery) den Syndikat-Handlanger Del erschiesst.

Nicht alles gold, was glänzt: Marty und Wendy stehen in Staffel 2 ziemlich unter Druck.
Nicht alles gold, was glänzt: Marty und Wendy stehen in Staffel 2 ziemlich unter Druck. © Netflix

Die mexikanischen Gangster verlangen für den Mord eine Entschädigung und schicken eine Anwältin (Janet McTeer) vorbei, die den Ernst der Lage unmissverständlich deutlich macht. Um ihre illegalen Finanzgeschäfte auszubauen, planen Marty und seine Frau die Errichtung eines Casinos, für das allerdings zunächst gesetzliche Änderungen erwirkt werden müssen. Aus diesem Grund tritt die frühere Wahlkampfspezialistin Wendy an den einflussreichen Charles Wilkes (Darren Goldstein) heran, der ihr den nötigen politischen Rückhalt beschaffen soll.

Unterdessen schlägt sich Martys rechte Hand Ruth Langmore (eine Wucht: Julia Garner) mit ihrem aus dem Gefängnis kommenden Vater Cade (bedrohlich: Trevor Long) herum, dem der Ehrgeiz seiner Tochter übel aufzustossen scheint. Parallel setzt der FBI-Agent Roy Petty (Jason Butler Harner) alle Hebel in Bewegung, um Marty seine kriminellen Machenschaften endlich nachzuweisen.

Jedes gelöste Problem in der zweiten Staffel von «Ozark» fördert neue Schwierigkeiten hervor. Und ein komplexes, alles andere als stabiles Beziehungsgeflecht bringt ständig neuen Ärger. Einmal mehr gelingt es den Machern rund um Bill Dubuque und Mark Williams, zahlreiche Konfliktherde zu entfachen, die eine Eskalation befürchten lassen.

Angesichts der verzwickten Lage ist es erstaunlich, wie souverän Finanzexperte Marty zuweilen auf ungünstige Entwicklungen reagiert. Mittlerweile legt er einen unheimlichen Pragmatismus an den Tag und spricht sich frei von jeder Schuld, wenn seine illegalen Geschäfte Opfer fordern.

Die Skepsis ist ihnen anzusehen: Den Byrde-Kindern sind die Geheimnisse ihrer Eltern nicht ganz geheuer.
Die Skepsis ist ihnen anzusehen: Den Byrde-Kindern sind die Geheimnisse ihrer Eltern nicht ganz geheuer. © Netflix

Bei Wendy regen sich hingegen, zumindest ab und an, Gewissensbisse. Ihre Allianz mit Wilkes, die Erinnerungen an die politische Intrigenserie «House of Cards» wachruft, zeigt jedoch, dass sie nicht vor unlauteren Praktiken zurückschreckt, um das Überleben ihrer Familie zu sichern. Angerissen wird in den für die Rezension begutachteten Folgen eins bis vier ausserdem das Empfinden der Byrde-Kinder, denen die Verstrickungen ihrer Eltern nicht ganz geheuer sind. Leider gerät diese interessante Perspektive in manchen Episoden etwas aus dem Blick, könnte im weiteren Verlauf der Staffel aber noch grösseres Gewicht bekommen.

Die ersten Episoden der neuen Staffel lassen auf einen spannenden Fortgang hoffen.– Cineman-Filmkritiker Christopher Diekhaus

Stolperstein folgt auf Stolperstein: Der Finanzberater Marty steckt tief im Schlamassel.
Stolperstein folgt auf Stolperstein: Der Finanzberater Marty steckt tief im Schlamassel. © Netflix

Dass sich häufig eine knisternd-unheilvolle Atmosphäre breitmacht, liegt nicht nur an den kühlen, blaustichigen Bildern des ausgedehnten Seeschauplatzes, sondern auch an einigen schillernden Nebenfiguren. Als da wären das prinzipientreue Drogenhändler-Ehepaar Darlene und Jacob Snell (beunruhigend: Peter Mullan), das keine Bevormundung duldet, und der FBI-Beamte Petty, der seine Ermittlungen mit einer ungesunden Obsession vorantreibt.

Besonders fesselnd sind die Konfrontationen zwischen der aufstrebenden Ruth und ihrem rüpelhaften Vater Cade, dessen Unberechenbarkeit für diverse Gänsehautmomente sorgt. Die ersten Episoden der neuen Staffel entführen den Betrachter noch tiefer in das hart umkämpfte Hinterland-Setting, legen den Protagonisten weitere Stolpersteine in den Weg und lassen – im Wissen um den finalen Paukenschlag in Folge vier – auf einen spannenden Fortgang hoffen.

3.5 von 5 ★

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