Kritik20. Februar 2019

DVD-Tipp: «Heavy Trip» – eine verrückte Komödie aus dem Land des Metals

DVD-Tipp: «Heavy Trip» – eine verrückte Komödie aus dem Land des Metals
© Ascot Elite

Es ist offiziell: Das dünn besiedelte Finnland gilt als Land mit den meisten Metalbands pro Einwohner. Nun schafft es mit «Heavy Trip» eine finnische Metal-Komödie in die Schweiz, die an kleineren Filmfestivals rund um den Globus bereits für Furore sorgte.

Turo (Johannes Holopainen) steckt im finnischen Taivalkoski fest: Der hauptsächlich als Pfleger in einer psychiatrischen Anstalt tätige junge Mann ist unsterblich in die scheinbar unerreichbare Dorfschönheit Miia (Minka Kuustonen) verliebt und singt respektive growlt seit geschlagenen 12 Jahren in einer Metalband, die es nie über ihre Garagen-Phase herausgeschafft hat. Als Turo und seine drei Bandkollegen Lotvonen (Samuli Jaskio), Pasi (Max Ovaska) und Jynkky (Antti Heikkinen) eines Tages unerwarteten Besuch aus Norwegen bekommen, der sich als Veranstalter eines respektablen Metal-Festivals herausstellt, wittern sie ihre grosse Chance – doch da gäbe es noch die eine oder andere Hürde zu überwinden...

Turos Band konnte bis anhin noch keinen einzigen Gig landen, die vier haben noch keinen eigenen Song und zu allem Überfluss noch nicht einmal einen Namen. Was die liebenswürdige Floristin Miia anbelangt, hat der Frontmann auch schon alle Hoffnung fahren lassen, denn der schmierige Schürzenjäger und Schnulzensänger Jouni (Ville Tiihonen) versucht schon seit längerem sein Glück bei ihr. Der hohe Besuch aus dem Nachbarland, der ursprünglich nur auf der Suche nach Rentierblut war und deswegen den Rentierschlachthof von Lotvonens Vater beehrt, kommt deshalb gerade zur rechten Zeit.

Als der langersehnte Durchbruch der vier Finnen schliesslich in greifbare Nähe rückt, droht ihr Plan von der Fahrt nach Norwegen plötzlich zu scheitern. Waschechte Metalheads lassen sich aber nicht so leicht aus der Bahn werfen, und so setzt die Band mit dem selbsternannt symphonischen, postapokalyptischen, rentierzermürbenden, gotteslästerlichen, extrem verwerflichen, fennoskandinavischen Metal-Genre Himmel und Hölle in Bewegung, um doch noch am Northern-Damnation-Festival auftreten zu können.

Für Turo gilt es, zu diesem Metal-Festival zu gelangen und seine grössten Ängste zu überwinden. © Ascot Elite

Die Macher von «Heavy Trip» schlagen mit dem Plot ihres Films zuweilen wahnwitzige Richtungen ein, doch gerade diese sind es, die nebst selbstironischen Seitenhieben auf die schwarze Szene und zahlreichen Anspielungen auf gestandene Metalgrössen am meisten Unterhalten. Dem einen oder anderen Gag sollte man idealerweise mit einem robusten Magen begegnen – doch auch wenn die Story rund um die Metalband aus Taivalkoski masslos überzeichnet ist und damit beinahe schon wie ein verfilmter Comic daherkommt, dürften so einige amüsante Szenen bei Fans der härteren Töne und jenen, die sich im Verlauf ihres Lebens schon selbst an ein eigenes Bandprojekt gewagt haben, für das ein oder andere Déjà-vu sorgen.

Musikerkollegen wie der übermotivierte Drummer à la Jynkky, der stets mit dem Kopf durch die Wand muss, der Neunmalkluge Basser Pasi, der als eingefleischter Black-Metal-Enthusiast keinerlei Gefühlsregung zeigt, oder ein Gitarrist wie Lotvonen, der am liebsten einfach in jedem Song ein rasantes Solo unterbringen würde, dafür aber kaum ein eigenes Riff aus dem Ärmel schütteln kann, dürften schliesslich den meisten Metalheads schon mal begegnet sein. Und auch Turo, der im ersten Moment mit seiner imposanten Wallemähne zwar Eindruck schindet, sich aber schliesslich als schüchternes Mauerblümchen entpuppt, mit dem man einfach mitfiebern muss, sollte hierbei keine Ausnahme bilden.

Von wegen nichts zu verlieren: Die Metal-Band vom Lande gerät in so einige verrückte Situationen. © Ascot Elite

Obwohl der Ausgang der wahnwitzigen Komödie von Anfang an vorgezeichnet zu sein scheint, ist der sprichwörtliche Weg in diesem Fall mehr denn je das Ziel. Dieser “Heavy Trip” hat mit ansteckendem Enthusiasmus einer Band vor ihrem ersten grossen Ding, einer bunt zusammengewürfelten Metal-Truppe und Gags über finnische Eigenheiten, Metal-Stereotypen oder das Verhältnis der Dörfler zur Band das Zeug zu einem zukünftigen Metal-Kult-Klassiker. Der hammerharte Soundtrack zum Film bildet dabei das Sahnehäubchen, das einen direkt auf die nächste Festivalsaison hinfiebern lässt.

Fazit: «Heavy Trip» ist nicht nur ein Must-See für Metalheads, sondern auch für all jene, die ihren Lachmuskeln wieder mal etwas Gutes tun möchten, und solche, die sich von den Qualitäten der Finnen abseits von Sprungschanzen, Eishockeystadien und den Festivalbühnen dieser Welt überzeugen lassen wollen.

4 ½ von 5 ★

«Heavy Trip» ist ab sofort auf DVD und als Blu-Ray verfügbar.

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