Kritik24. Februar 2024

Berlinale 2024: «Vogter»: Zwischen Recht und Moral

Berlinale 2024: «Vogter»: Zwischen Recht und Moral
© Berlinale | Nikolaj Moeller

Im dänischen Psychothriller «Vogter» von Gustav Möller trifft die Gefängniswärterin Eva moralisch fragwürdige Entscheidungen. Auf der Suche nach Gerechtigkeit setzt sie ihre eigene Zukunft aufs Spiel.

«Vogter»: Zwischen Recht und Moral

Gustav Möller | Dänemark, Schweden | 100 Min.

Die Wärterin Eva Hansen (Sidse Babett Knudsen) arbeitet gerne im Trakt 5 ihres Gefängnisses. Als ein junger Mann aus ihrer Vergangenheit in den Hochsicherheitstrakt verlegt wird, steht sie vor einem Dilemma. Unter einem Vorwand lässt sie sich dorthin verlegen, um den jungen Mann im Auge zu behalten.

Gustav Möllers Psychothriller «Vogter» erzählt von einer Frau, die durch ihren Gerechtigkeitssinn zu Handlungen neigt, die letztendlich ihre Zukunft aufs Spiel setzen. Die Handlung des Films spielt sich zum Grossteil in einem Gefängnis ab. Unterstützt wird diese beklemmende Atmosphäre durch das gewählte 4:3 Bildformat des Films.

Es ist nicht offensichtlich, welche Verbindung Eva zu Mikkel (Sebastian Bull) hat. Erst als über Mikkels Akte gesprochen wird, zeigt sich, welche Rolle er im Leben der Gefängniswärterin spielt. Eva ist die Mutter eines ehemaligen Mithäftlings, der in einer Schlägerei mit einem Messer von ihm getötet wurde. Eva sehnt sich nach Gerechtigkeit und greift zu drastischen Mitteln und setzt dabei nicht nur ihre Sicherheit aufs Spiel, sondern auch ihren Job und ihre Freiheit. Die erst so idealistisch wirkende Frau will Mikkel das Leben im Gefängnis zur Hölle machen.

Es ist unvorhersehbar, was Eva als nächstes tun wird. Als die Machtspielchen zwischen Eva und Mikkel beginnen, macht sich bei Mikkel der Wille bemerkbar, ein besserer Mensch zu werden. Es scheint allerdings keiner an ihn zu glauben und so fällt er immer wieder in alte Muster zurück. Selbst seine Mutter möchte nicht mit ihm allein sein und fragt ihn, ob er nicht auch “normal” sein kann.

Ab und an scheint «Vogter» jedoch etwas unlogisch: Warum fällt niemandem die Verbindung zu Eva Hansen auf, wenn in Mikkels Akte sogar ein Foto und Infos zum Opfer seiner Tat vorhanden sind? Es scheint, als wissen alle Wärter:innen im Hochsicherheitstrakt über die Häftlinge Bescheid, aber diese Information scheint ihnen entfallen zu sein. Auch während Evas kleinen Ausflügen, um beispielsweise Drogen in Mikkels Zimmer zu verstecken, scheinen die Sicherheitskameras überflüssig.

Trotzdem bleibt «Vogter» jede Sekunde spannend. Im Verlauf des Films werden immer mehr Informationen zu Eva und Mikkel preisgegeben und das Puzzle setzt sich langsam zusammen. Obwohl Eva auf der anderen Seite der Zellentür steht, stellt sich immer wieder die Frage, ob ihre Handlungen moralisch vertretbar sind. Die Unberechenbarkeit der beiden Charaktere macht «Vogter» zu einem fesselnden Machtspiel, dem man gerne zusieht.

4 von 5 ★

Eine Zusammenstellung aller Texte der 74. Berlinale findest du hier.

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