Kritik22. Februar 2024

Berlinale 2024: «Dahomey»: Die wundersame Rückgabe des Schatzes von Béhanzin

Berlinale 2024: «Dahomey»: Die wundersame Rückgabe des Schatzes von Béhanzin
© Berlinale | Les Films du Bal - Fanta Sy

Die Filmemacherin Mati Diop enthüllt einen grossartigen Dokumentarfilm über die Rückgabe afrikanischen Kulturguts. «Dahomey» stellt mit Wucht und Fantasie die Frage nach den Herausforderungen des zeitgenössischen Kinos. Ein Volltreffer!

«Dahomey»: Die wundersame Rückgabe des Schatzes von Béhanzin

Mati Diop | Frankreich, Senegal, Benin | 67 Min.

Text übersetzt aus dem Französischen

Zusammen sind es 26 Statuen. Die beninische Tageszeitung La Nation titelte bei ihrer Ankunft «Historisch!». Im November 2021 unterzeichneten Frankreich und Benin ein Abkommen über die Rückgabe von kulturellen Werken, die 1892 von den französischen Kolonialtruppen in Abomey geplündert worden waren. Seitdem wurden sie im Musée du Quai-Branly in Paris aufbewahrt. Ihre Rückkehr ist ein Grossereignis.

Im Jahr 2016 stellt die Republik Benin einen offiziellen Antrag auf Rückgabe der Königsschätze von Abomey. Bei der Prüfung dieses Antrags stösst man jedoch auf den Grundsatz der Unveräusserlichkeit der nationalen Sammlungen, ein Grundsatz, der den Schutz des französischen Museumsguts gewährleisten soll. Als Ergebnis einer langen und komplexen administrativen Aufarbeitung sollen die royalen Statuen der Könige Ghézo (Vogelmann), Glélé (Löwenmann), Béhanzin (Hai-Mann) und vieler anderer im Jahr 2021 unter der Schirmherrschaft von Emmanuel Macron wieder in ihre Heimat zurückkehren, 130 Jahre nachdem sie entwurzelt wurden.

Zu dieser heiklen kulturellen und politischen Veranstaltung hat sich Mati Diop aufgemacht. Die 41-jährige französisch-segalesische Filmemacherin, die von Paris nach Cotonou reist, spricht über die gewaltsamen Raubüberfälle aus der Kolonialzeit und die Bedeutung ihrer Rückgabe. «26, nur 26», «Werde ich etwas wiedererkennen, werde ich erkannt?», mit einer hohlen Stimme, die die Wände erzittern lässt, und in Fon (der Sprache von Benin), denkt und träumt die anthropomorphe Statue von König Ghézo. In der Sammlung des Quai-Branly ist sie nur eine Nummer, doch nun lässt sie uns an ihrer Entfremdung, ihrer Zerbrechlichkeit und ihren uralten Ängsten teilhaben. Diese traumartigen Ausflüge sind der Auftakt zu einem Dokumentarfilm, der wie ein visueller Essay in einer spannenden Studie über postkoloniale Wiedergutmachung aufgebaut ist.

26 von 7000 Werken wurden zurückgegeben, wobei die kultischen Gegenstände nach ihrer Rückkehr zu Kunstobjekten werden. Kaum haben sie den Boden berührt, streiten sich die Student:innen der Universität Abomey-Calavi über die wahren Absichten von Emmanuel Macron (wenige Monate vor seiner Wiederwahl) und die von Patrice Talon, dem Präsidenten Benins. Die Regisseurin, die 2019 mit dem schummrigen «Atlantique den Grossen Preis der Jury in Cannes gewann, legt erneut vor. Ohne jede Naivität ist «Dahomey» ein meisterhaftes Werk, das dieses Erbe und seine Bedeutung für Benin vermenschlicht, aber auch keine der Fragen ausspart, die den politischen Debatten um seine Rückkehr innewohnen. Mati Diop nimmt die siebte Kunst in die Zange. «Dahomey» verzaubert, fasziniert und wirft Fragen auf.

5 von 5 ★

Eine Zusammenstellung aller Texte der 74. Berlinale findest du hier.

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