Kritik16. Februar 2024

Berlinale 2024: «Crossing»: Packendes Drama in der queeren Welt Istanbuls

Berlinale 2024: «Crossing»: Packendes Drama in der queeren Welt Istanbuls
© Berlinale | Haydar Tastan

Nach einem kleinen Umweg zum Fernsehen kommt der Filmemacher Levan Akin neun Jahre nach seinem Spielfilmdebüt «Zirkel» ein zweites Mal zur Berlinale. In der Kategorie Panorama präsentiert er «Crossing», ein fesselndes Comeback!

«Crossing»: Packendes Drama in der queeren Welt Istanbuls

Levan Akin | Schweden, Dänemark, Frankreich, Türkei, Georgien | 105 Min.

Text übersetzt aus dem Französischen

Lia (Mzia Arabuli), eine pensionierte Geschichtslehrerin, streift auf der Suche nach ihrer Nichte Telka durch die Strassen der georgischen Kleinstadt Batumi. Als der junge Achi (Lucas Kankava) ihr anvertraut, dass er die junge Frau mit einer Gruppe von Freundinnen nach Istanbul gebracht hat, machen sich die beiden auf den Weg in die türkische Hauptstadt. Ihre Wege kreuzen sich mit denen von Evrim (Deniz Dumanli), der beschliesst, ihnen zu helfen. Sie ist wie Telka eine Transfrau und arbeitet für einen kleinen Queer-Verein. In den Strassen der Metropole kommen sich die drei einsamen Seelen langsam näher.

Der schwedisch-georgische Filmemacher Levan Akin eroberte 2019 die französische Croisette mit seinem Spielfilm «Als wir tanzten», der für die Queer Palm des Filmfestivals von Cannes nominiert wurde. Der Regisseur reiste mit seiner Kamera nach Georgien, ins Land seiner Familie, und filmte eine herzzerreissende Romanze zwischen zwei Männern zu den Klängen eines traditionellen Tanzes. Und auch in seinem neuen Spielfilm lässt er die georgische und die türkische Kultur auf unterhaltsame Weise aufeinandertreffen.

«Crossing» überquert tatsächlich die Grenze zwischen den beiden Ländern und verliert seine Protagonist:innen im Labyrinth Istanbuls. Die Metropole ist gigantisch, überwältigend und funkelt auf der Leinwand. Die fesselnden Stadtkulissen erwachen zum Leben und versetzen das Publikum dank der Kameraarbeit von Lisabi Fridell, die mit dem Regisseur bereits bei «Als wir tanzten» zusammengearbeitet und an einigen Episoden der erfolgreichen Netflix-Serie «Young Royals» mitgewirkt hat, ins Staunen.

Levan Akin, der auch das Drehbuch verfasst hat, gibt eine Kostprobe seines schriftstellerischen Talents. Die Geschichte ist simpel, aber dennoch mitreissend. Mit seiner brillanten Erzählweise verleiht er seinen Protagonist:innen eine aussergewöhnliche Menschlichkeit. Trans-Sexarbeiterinnen, Strassenkinder – Lia und Achi sind mit einer Gruppe von Menschen konfrontiert, die am Rande der Gesellschaft steht und trotz aller Schwierigkeiten Hoffnung zu haben scheint. Und im Laufe ihrer Recherchen und ihres Austauschs entstehen spürbare und echte Verbindungen.

Diese berührenden Beziehungen werden von einer Fünf-Sterne-Besetzung wunderbar dargestellt. Mzia Arabuli spielt eine scheinbar unnachgiebige Lia mit königlicher Haltung und durchdringendem Blick, atemberaubend von Anfang bis Ende. Mit ihrem unglaublichen Charisma setzt sich die Schauspielerin wie von selbst durch. Mit ihrem Können lässt sie brillante Momente voller Emotionen entstehen.

An ihrer Seite und in ihren ersten Filmrollen glänzen Lucas Kankava und Deniz Dumanli. Während der erste seiner Figur Achi eine berührende Sensibilität einflösst, begeistert die zweite mit der milden Lebensfreude ihrer Figur Evrim. Obwohl «Crossing» als Drama inszeniert ist, verleihen sein Drehbuch und seine unglaubliche Besetzung Hoffnung und Fröhlichkeit.

5 von 5 ★

Eine Zusammenstellung aller Texte der 74. Berlinale findest du hier.

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