Kritik26. Mai 2023

Cannes 2023: «Perfect Days»: Eine zarte Liebeserklärung an Japan

Cannes 2023: «Perfect Days»: Eine zarte Liebeserklärung an Japan
© MASTER MIND Ltd

Neben seinem Dokumentarfilm «Anselm» ist Wim Wenders in Cannes auch noch im Wettbewerb vertreten. Und das mit seinem besten Spielfilm seit sehr langer Zeit. «Perfect Days» begleitet einen einfachen Mann bei seinen täglichen Routinen und ist dabei eine zarte Liebeserklärung an Japan.

«Perfect Days»: Eine zarte Liebeserklärung an Japan

Wim Wenders | 123 min.

Ein Text von Patrick Heidmann

Hirayama (Kōji Yakusho, «Babel») führt in Tokio ein ebenso einfaches wie von Routine geprägtes Leben. Jeden Morgen erhebt er sich noch vor Sonnenaufgang von seinem Futon, wenig später beginnt seine Schicht: täglich putzt er im Stadtteil Shibuya die von bekannten Architekten entworfenen öffentlichen Toiletten des Tokyo Toilet Project. Nach der Arbeit geht es dann noch in eine Suppenküche, den Waschsalon oder ein Stadtbad, bevor sich sein Tag wieder dem Ende zuneigt. Gelegentlich sorgen unerwartete Begegnungen für Abwechslung. Aber eigentlich könnte sich Hirayama seine ganz gewöhnlichen Tage kaum perfekter vorstellen.

Ein Film, so bescheiden wie sein Protagonist. Wer befürchtet hatte, Wim Wenders würde in seinem zehnten Cannes-Wettbewerbsfilm mit allzu vielen Japan-Klischees und westlich-exotisierenden Blick auffallen, darf aufatmen. Der Regie-Altmeister verleiht seiner Liebe zu Tokyo viel mehr sehr behutsam und zurückhaltend Ausdruck, nicht zuletzt durch wundervolle Bilder seines Kameramanns Franz Lustig.

Hin und wieder würde man sich vielleicht doch wünschen, das von Wenders gemeinsam mit Takuma Takasaki verfasste Drehbuch würde ein klein wenig mehr Einblick in die Persönlichkeit des schweigsamen Protagonisten geben. Gleichzeitig drückt Kōji Yakusho allein mit Mimik und Körpersprache meist mehr aus als die meisten anderen Schauspieler im diesjährigen Cannes-Wettbewerb. Und gemessen daran, dass andere Spielfilme des Deutschen (etwa «Palermo Shooting» oder «Every Thing Will Be Fine») zuletzt schwer erträglich waren, ist «Perfect Days» nun erst recht eine erfreuliche, geradezu zarte Überraschung.

4 von 5 ★

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