Oppenheimer Grossbritannien, USA 2023 – 180min.

Filmkritik

Bereit zur Explosion?

Filmkritik: Damien Brodard

Der von seinem Publikum in den Himmel gelobte Regisseur Christopher Nolan kehrt drei Jahre nach «Tenet» (2020) mit einem bombastischen Biopic über den Physiker J. Robert Oppenheimer, den "Vater der Atombombe", zurück.

Eine Darstellung des Lebens von J. Robert Oppenheimer (Cillian Murphy), bekannt als wissenschaftlicher Leiter des «Manhattan-Projekts» während des Zweiten Weltkriegs, einem Programm, das die Entwicklung einer Atombombe vor Nazi-Deutschland zum Ziel hatte. In Verbindung mit zahlreichen Persönlichkeiten - von seiner Frau Kitty (Emily Blunt) über den Politiker Lewis Strauss (Robert Downey Jr.) bis hin zu General Leslie Groves (Matt Damon) - entwirft der Physiker die schrecklichste Waffe, die die Welt je gesehen hat, und muss die Konsequenzen dafür tragen.

Auch Christopher Nolans neuster Film wurde wieder mit Spannung erwartet. Der Regisseur von «Inception» (2010) und «Interstellar» (2014) hat mit «Oppenheimer» zweifellos das dichteste und umfangreichste Werk seiner Karriere geschaffen. Nolan erfindet seine Inszenierung endlich ein wenig neu, indem er sich direkt an Traumsequenzen versucht, um in die gequälte Psyche seines Protagonisten einzutauchen. Wie üblich ist der Film technisch einwandfrei, von Hoyte Van Hoytemas Kameraarbeit - obwohl die Verwendung von Schwarzweiss etwas gekünstelt wirkt - bis hin zu den Explosionen und Darstellungen der atomaren Welt durch beeindruckende praktische Effekte.

Abgesehen von bombastischem Ton ist Ludwig Göransson auch bei der Komposition besonders inspiriert, wobei er Melodien und synthetische Geräusche ideal miteinander verbindet. Es sollte jedoch nicht vergessen werden, dass es sich hier nicht um ein grosses Spektakel handelt, sondern um die Darstellung des Lebens eines komplexen Charakters, solide gespielt von Cillian Murphy, der bereits auf eine Oscar-Nominierung zuzusteuern scheint.

Die Besetzung ist nicht minder beeindruckend, denn in den unzähligen Nebenrollen finden alle etwas, womit sie glänzen können: Robert Downey Jr., der nach einem Jahrzehnt bei Marvel endlich wieder eine bemerkenswerte Rolle spielt, und die grossartige Florence Pugh, die den Film in einer Handvoll Szenen mit ihrem Charisma prägt, sind nur einige Beispiele. Diese vielen positiven Aspekte können jedoch nicht über die grössten Probleme hinwegtäuschen. Obwohl sein Drehbuch nicht uninteressant ist, lässt der britische Regisseur seine Figuren auf der Strecke und konzentriert sich auf eine Erzählweise, die sich darin gefällt, grosse historische Etappen zu rekapitulieren und den emotionalen Kern der Geschichte ausser Acht zu lassen. Nolan so viel wie möglich erzählen und überfrachtet sein Werk so sehr, dass die Länge kaum noch zu rechtfertigen ist.

Der Schnitt bringt andererseits ein unverhofftes Tempo in die endlosen Dialoge, so dass es in den fast drei Stunden - ähnlich wie in «Dunkirk» (2017) - fast keine Leerlaufzeiten gibt, was für einen Film von solcher Dichte ebenso anregend wie anstrengend ist. Ausserdem lässt der Umgang mit Zeit und Traum durch den Schnitt für eine Weile einen frischen Wind durch ein Werk wehen, das am Ende leider unter einem Berg von Figuren und Dialoglastigkeit erstickt. Christopher Nolan hat einen ungewöhnlichen Film produziert, der ebenso symptomatisch für all das ist, was an seinem Kino spannend und problematisch ist. Auch wenn die Erfahrung für einen Teil des Publikums rau, übertrieben und vielleicht sogar mühsam erscheinen mag, bleibt «Oppenheimer» dennoch bemerkenswert und in vielerlei Hinsicht verblüffend.

20.07.2023

3.5

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Kommentare

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Barbarum

vor 5 Monaten

Akustisch und visuell weiss "Oppenheimer" durchaus zu überzeugen, aber erzählerisch empfand ich den Film als Fiasko. In Schnipseln hüpft er zwischen mehreren Zeitebenen hin und her und die Szenen wirken eher funktional. Trotz drei Stunden Laufzeit scheint keine Zeit vorhanden, um emotional eine Verbindung zum Geschehen aufzubauen und die einzelnen Figuren – inklusive Oppenheimer – bleiben schemenhaft und als Charaktere nur schwer erfahrbar.Mehr anzeigen


mxnuel

vor 7 Monaten

Der Film ist sehr gut gelungen. Ich hätte es jedoch besser gefunden wäre der Film nicht so künstlich langgezogen worden. Empfindet wohl jeder etwas anders.


dulik

vor 7 Monaten

Christopher Nolan hat einmal mehr abgeliefert. Obwohl der Fokus etwas zu sehr auf die Anhörungen gerichtet ist, fühlen sich die 180 Minuten nicht langatmig an. Dazu trägt das grossartige Ensemble an Schauspielern einen wesentlichen Anteil bei. "Oppenheimer" hat aber auch viele erschütternde Szenen und Dialoge, die lange nachwirken und nachdenklich stimmen. Nicht nur ein grossartiger, sondern auch ein sehr wichtiger Film.
9/10Mehr anzeigen


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