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Die Theorie von Allem Österreich, Deutschland, Schweiz 2022 – 119min.

Filmkritik

Ein dunkles Geheimnis in den Schweizer Alpen

Michael Gasch
Filmkritik: Michael Gasch

Auf den Filmfestspielen in Venedig gibt es Filme aus aller Welt. Unter den sehr wenigen deutschen Produktionen sticht 2023 der Mystery-Thriller «Die Theorie von Allem» deutlich hervor.

Johannes Leinert (Jan Bülow) ist in einer Fernsehsendung zu Gast, um sein Buch über die Theorie von allem dem Publikum näher zu bringen. Es geht um physikalische Gesetzmässigkeiten und die Möglichkeit von Parallelwelten – Erkenntnisse, für die die Welt noch nicht bereit ist. Sein Buch fusst dabei auf einer Geschichte, die sich 12 Jahre zuvor in den Schweizer Alpen zugetragen hat. Im Zentrum stehen er und sein Doktorvater Dr. Julius Strathen (Hanns Tischler) sowie jede Menge mysteriöse Vorkommnisse, die meilenweit im Innern der Berge vor sich gehen.

Mehrere Filme und noch mehr Serienfolgen mit demselben Titel gibt es bereits, was wenig überrascht. Eine Weltformel, wie sie auch genannt wird, birgt immerhin genug filmisches Potential für Dramen («Die Entdeckung der Unendlichkeit» aus 2014) bis hin zu seltsameren Verfilmungen, welche zum Beispiel die Gottesfrage ins Zentrum rücken. Ergänzt wird die Liste nun durch Timm Krögers Werk, welches in eine ganz neuartige Richtung geht.

Kombiniert werden dafür erhabene Schwarz-Weiss-Bilder der Schweizer Alpen mit einer düsteren Geschichte und noch düsteren Atmosphäre. Heimatfilm trifft auf Film Noir und Mystery. Eine mutige Entscheidung, die viel filmische Finesse erfordert. Kröger braucht sich mit seinem Werk jedoch in keinster Weise hinter den grossen Festivalfilmen verstecken, vielmehr zieht er mit ihnen gleich.

Das liegt nicht nur an der visuellen Umsetzung (Kröger selbst hat genug Erfahrung als Kameramann), sondern an der Verschmelzung der unterschiedlichsten Filmgenres und -elemente. Da es, metaphorisch gesprochen, tief hinab in den Hasenbau geht, steht Mystery ganz weit oben. Krimi kommt in Form von Männern in schwarzen Mänteln hinzu, Suspense in Form von Unerklärlichkeit und Unberechenbarkeit. Die Assoziationen, die von Hitchcock über Kubrick (besonders «Shining»), bis hin zur Mystery-Serie «Dark» reichen, könnten nicht diverser ausfallen.

«Die Theorie von Allem» fühlt sich segmentweise ganz unterschiedlich an, was grandios ineinandergreift. Das Resultat spricht für sich, wenn man im Kinosessel einen immer grösseren Katzenbuckel macht und regelrecht in den Bann gezogen wird. Es ist in jedem Fall ein vielschichtig konzipiertes Werk aus Deutschland und war ein Highlight auf den Filmfestspielen 2023 in Venedig.

31.01.2024

4

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Kommentare

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thomasmarkus

vor 2 Monaten

Vorweg: Spoileralarm!

Nimmt einem ziemlich mit. Ganz ohne Untertitel gehts für viele nicht: meist deutsch gesprochen, aber auch Französisch, und selten Mundart. Ohne Untertitel ein Selstgespräch der Hauptprotagonistin (was spielt sie immer wieder für Musik? Tönt etwas nach unbekanntem Bach): Da spricht sie hebräisch, und später, ohne es zu dick aufzutragen, findet sich ihr grabstein auf jüdischem Friedhof. Eine Schlaufe mehr, oder Part des Zeitgemäldes? Einer der Physiker war ja in Deutschland zuständig für eine Physik ohne jüdische Wissenschaftler...
Zur Filmmusik: schönbergeske Töne wären noch passend gewesen....Mehr anzeigen


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