Review20. Januar 2020

Netflix-Kritik «A Fall from Grace»: Tyler Perry feiert mit einem Thriller sein Netflix-Debüt

Netflix-Kritik «A Fall from Grace»: Tyler Perry feiert mit einem Thriller sein Netflix-Debüt
© Netflix

Während Regisseur und Schauspieler Tyler Perry vor allem dem US-Publikum mit Komödien wie denen aus der «Madea»-Reihe ein Begriff ist, schafften es nur wenige seiner Werke in den deutschen Sprachraum. Perrys neuestes Werk «A Fall From Grace» ist nun als exklusive internationale Netflix-Produktion auch bei uns verfügbar.

Filmkritik von Waldemar Witt

Für die junge Anwältin Jasmine Bryant (Bresha Webb) erscheint der Fall rund um die angeklagte Grace Waters (Crystal Fox) zunächst klar: Die Frau soll ihren Mann kaltblütig ermordet haben, weshalb sie sich – wie bei den ihr zugeteilten Fällen so üblich – nicht für eine Verteidigung vor Gericht vorbereitet, sondern für den hoffnungslosen Fall einen Deal aushandeln will.

Doch als sich die wortkarge Grace des Mordes direkt als schuldig bekennt, obwohl diverse Angehörige von ihrer Unschuld überzeugt sind, begibt sich Jasmine auf Spurensuche: Sie will die Wahrheit über Graces Vergangenheit herausfinden. Und es dauert nicht lange, bis auch Jasmine von ihrer Unschuld überzeugt ist.

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Tyler Perry, der als Regisseur eher im Comedy-Genre Bekanntheit geniesst, wagt sich mit «A Fall From Grace» nicht nur erstmalig an einen exklusiven Streaming-Titel, sondern ebenfalls zum ersten Mal hinter der Kamera und als Drehbuchautor an das Thriller-Gerne heran – mit gemischtem Erfolg.

Es dauert nicht lange, bis Krimi-Fans bekannte Handlungselemente wiedererkennen.– Cineman-Kritiker Waldemar Witt

Die Geschichte um Jasmine, die als junge und verhältnismässig unerfahrene Anwältin eine Chance sieht, sich zu beweisen und erstmals für Gerechtigkeit zu kämpfen, setzt mit einem schnellen Tempo gezielt alle Elemente in Kraft, die für einen spannenden Film à la «Erin Brokovich» sprechen sollten.

Allerdings dauert es nicht lange, bis jeder Zuschauer, der schon einmal einen Krimi gesehen hat, diverse Stereotypen und bekannte Handlungselemente wiedererkennt. So bedient sich Tyler Perry für das Drehbuch von «A Fall From Grace» quasi beim grossen Thriller- und Krimi-Baukasten und stellt sich dabei eine Geschichte zusammen, deren Teile logisch und stilistisch oftmals nicht so ganz zusammenpassen mögen.

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Statt einer tatsächlichen Spurensuche von Jasmine konzentriert sich der Grossteil des Films wider Erwarten auf eine grosse Rückblende beziehungsweise die Erzählung von Grace über die Geschehnisse, die zum Mord führten. Es folgt eine sehr vorhersehbare Geschichte, die eher einem x-beliebigen TV-Krimi als einem Thriller ähnelt. Diese ist dabei mit diversen äusserst offensichtlichen Hinweisen auf die tatsächlichen Motivationen und Absichten einiger Figuren gespickt.

Auch wenn der Film es durch solide Darstellungen der Besetzung grösstenteils dennoch schafft, die Spannung und Aufmerksamkeit aufrecht zu erhalten, ist die Laufzeit des Films von zwei Stunden nur schwer zu verteidigen. So hätte der Film – ohne viel Essenz opfern zu müssen – sicherlich eine halbe Stunde kürzer ausfallen können.

Das Finale des Films stellt einen Spannungshöhepunkt dar.– Cineman-Kritiker Waldemar Witt

Während Jasmines Suche nach den Tatsachen überraschend kurz ausfällt, da Grace ihr schlichtweg die gesamte Wahrheit direkt erzählt, ist es eher das Finale des Films, welches den Spannungshöhepunkt darstellt.

Dieses letzte Viertel des Films behandelt den eigentlichen Gerichtsprozess, welcher über das Schicksal von Grace entscheidet. Während die Aufgabe, diesen scheinbar hoffnungslosen Prozess dennoch zu gewinnen, durchaus zu echter Spannung führt, sorgen leider auch hier viele melodramatische Gerichtsdrama-Klischees und das unsinnige Handeln einiger Figuren für Augenrollen beim Zuschauer.

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Im grossen Finale des Films wird es einem erst recht schwer gemacht, die vielen Logiklöcher zu verzeihen. Dort ist man mit solch weit hergeholten Wendungen konfrontiert, dass die meisten wohl nur noch verwundert darüber lachen können. Es vermittelt wahrlich den Eindruck, als würde Tyler Perry erst auf den letzten Metern einfallen, dass er ja eigentlich einen Thriller drehen wollte.

Schlussendlich ist «A Fall From Grace» ein relativ generischer und stilistisch verworrener Krimi mit einem schlichtweg naiven Umgang mit der Logik und einer Handlung voller vorhersehbarer Klischees, der lediglich dank soliden Darstellungen der Schauspieler und einem fast schon grandios übertriebenen Finale wirklich zu unterhalten vermag.

3 von 5 ★

«A Fall from Grace» ist ab sofort auf Netflix verfügbar.

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