How to Have Sex Australien, Griechenland, Grossbritannien 2023 – 91min.

Filmkritik

Höllischer Sommertrip

Filmkritik: Marine Guillain

Molly Manning Walker sorgte bei den Filmfestspielen in Cannes mit dem Film »How to Have Sex« für einen kleinen Schock, denn der Film beleuchtet die Frage nach Konsens auf eine Weise, die man selten im Kino gesehen hat.

Tara (Mia McKenna-Bruce, ausgezeichnet), Sky und Em sind drei britische Freundinnen, die das Ende ihres Schuljahres mit einem Urlaub in Griechenland feiern wollen. Sie landen in einem lauten Hotel mit jungen, feierfreudigen Gästen – genau das, was sie sich erhofft hatten. Das Ziel dieses Spring-Break-Urlaubs? Eine Party nach der anderen feiern, die Nächte durchmachen, sich betrinken, dumme Spiele spielen und neue Leute kennenlernen. Die heissesten Outfits tragen und bei jeder Gelegenheit den Look ändern. Und Sex, Sex, Sex, vor allem für Tara, die noch Jungfrau ist.

Diese Reise der Exzesse hat für Tara zunächst einen aufregenden Reiz – bis ihr schwindelig wird. Sie fühlt sich unwohl in dieser Partywelt, ihren Konzepten und der Hypersexualisierung, die das Umfeld mit sich bringt. Sie wird von der kollektiven Euphorie erfasst, aber auch unter Druck gesetzt. Denn wenn alle (insbesondere ihre Freundinnen) davon schwärmen, dass Sex "so cool" sei, hat sie dann wirklich eine Wahl? Muss sie ihre Jungfräulichkeit wirklich "loswerden"?

Bei den Filmfestspielen in Cannes gewann Molly Manning Walkers Film den Preis der Sektion Un Certain Regard und war ausserdem im Rennen um die Queer Palm. In ihrem ersten Spielfilm nutzt die 29-jährige Regisseurin ihren weiblichen Blickwinkel, um ein desillusioniertes Porträt der Feierjugend zu zeichnen – ohne dabei zu werten. Zunächst fröhlich, bunt und leicht, taucht »How to Have Sex« nach und nach in eine dramatische Ebene ein. Nach einem missglückten ersten Mal (welches nach und nach mit grosser Sensibilität gezeigt wird), kann Tara ihre Gefühle nicht in Worte fassen. Sie traut sich nicht, ihren Freundinnen zu sagen, dass es ihr nicht gefallen hat, und zieht sich zunehmend zurück. Ein Prozess, der hauptsächlich durch subtile Blicke abläuft.

Molly Manning Walker, die selbst im Alter von 16 Jahren sexuell missbraucht wurde, fängt das Ende einer Form von Unschuld ein, indem sie die Frage der Einvernehmlichkeit in den Mittelpunkt ihrer Doku-Fiktion stellt. Das Publikum mag zunächst den Eindruck haben, in ein grosses, geselliges Trinkgelage verwickelt zu werden. Doch dann wird es mit den Denkmustern konfrontiert, in denen die Teenager gefangen sind, als müssten sie es geniessen, zu gefallen, zu feiern, den ganzen Tag Alkohol zu trinken und Sex zu haben.

Die Darstellung eines universellen Themas, das bei vielen ZuschauerInnen wahrscheinlich unbequeme oder unangenehme Erinnerungen hervorrufen wird, ist ebenso intensiv wie meisterhaft inszeniert. Trotz einer (nicht immer vorhandenen, aber) berührenden Schwesterlichkeit zwischen den Freundinnen und einer Schlussszene, die ein wenig Hoffnung weckt, lässt uns der traurige »How to Have Sex« in einem katerähnlichen Zustand zurück, der noch lange nach dem Ende des Kinobesuches anhält.

04.12.2023

4.5

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Kommentare

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CineMani

vor 4 Monaten

Ein toller Film von und für Frauen, aber auch für alle Jungs und Männer dieser Welt. Spannend auch punkto aktueller «Ja ist ja»- statt «Nein ist nein»-Debatten.


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