Operation Mincemeat - Die Täuschung Grossbritannien, USA 2022 – 128min.

Filmkritik

Verrückter Plan

Christopher  Diekhaus
Filmkritik: Christopher Diekhaus

Geheimdienstschachzug mit Hollywood-Touch: Ein britisches Täuschungsmanöver während des Zweiten Weltkriegs, das als «Operation Mincemeat» bekannt ist, klingt so verrückt, dass es auch aus einem Film hätte stammen können. John MaddenMiss Sloane») zeichnet die unglaublichen Ereignisse nach.

Auf der grossen Leinwand spielte die besagte Mission, die das deutsche Oberkommando in die Irre führen sollte, bereits 1956 eine Rolle. «The Man Who Never Was» lautet der Titel eines von Ronald Neame inszenierten Spionagedramas, das, basierend auf dem Bericht von Ewen Montagus, einer der Beteiligten, die Operation Mincemeat rekonstruiert. John Maddens neue Aufarbeitung wiederum stützt sich auf ein Sachbuch des Historikers und Journalisten Ben Macintyre und ist in der Hauptrolle mit Oscar-Preisträger Colin Firth prominent besetzt.

Im Jahr 1943 wollen die Alliierten Hitler empfindlich treffen und planen die Invasion Siziliens. Um die eigenen Soldaten an diesem erwartbaren Landungsort nicht ins offene Messer laufen zu lassen, soll allerdings eine ausgeklügelte Täuschungsaktion die Deutschen davon überzeugen, dass der Einfall in Griechenland und auf Sardinien stattfinden wird. Ewen Montagu (Colin Firth) und Charles Cholmondeley (Matthew Macfadyen) stellen daraufhin ein irrwitziges Vorhaben vor, das Winston Churchills (Simon Russell Beale) Zustimmung erhält. Im Zentrum ihrer Überlegungen: Ein Toter, den sie mit einer falschen Soldatenbiografie ausstatten, mit unechten Geheimdienstinformationen über dem Meer abwerfen wollen und anschliessend hoffen, dass die Leiche und damit auch die fingierten Hinweise in die Hände der Nazis gelangen. Einen nicht unwichtigen Part übernimmt die verwitwete Sekretärin Jean Leslie (Kelly Macdonald), die ein eigenes Foto als angebliche Verlobte des fiktiven Majors William Martin beisteuert.

«Operation Mincemeat – Die Täuschung» zeichnet ein anderes Bild von Spionagearbeit, als es etwa die James-Bond-Spektakel in den schillerndsten Farben an die Wand werfen. Viele Szenen in Maddens stilvoll ausgestatteter Geschichtsstunde spielen in Innenräumen. Und aufsehenerregende Stunts legen die Protagonisten hier zu keinem Zeitpunkt hin. Spannung und Dynamik kommen dennoch auf, da der Regisseur und Drehbuchautorin Michelle AshfordMasters of Sex») den Geheimdienstcoup geschickt verdichten. Zudem gibt es eine kleine Metaebene, auf der Bond-Erfinder Ian Fleming (Johnny Flynn), der tatsächlich an der Operation mitwirkte, als Erzähler über Wahrheit und Fiktion sinniert. Eindrucksvoll beweist der Film, dass es kein Hexenwerk braucht, um das Publikum zu fesseln. Selbst das Warten auf ein Telegramm kann, wie in diesem Fall, ungemein packend sein.

Während der Hauptstrang überzeugt, schwächeln einige Nebenplots, die entweder zu bruchstückhaft bleiben oder aber komplett überflüssig sind. In letztere Kategorie gehört definitiv das nicht verbriefte Liebesdreieck zwischen Montagu, Cholmondeley und Leslie, das einfach nur nach plumper, konventioneller Dramatisierung riecht. Die wahre Geschichte ist zweifellos schon aufregend genug!

23.05.2022

3.5

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Kommentare

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thomasmarkus

vor einem Jahr

Die Spannung liegt oft im Dazwischen. Im Zwischenmenschlichen.
Und eben anders, als es später dann Fleming nullnullsiebt...


Filmenthusiast

vor einem Jahr

Endlich wieder mal ein 5 Sterne Film! Triple A Produktion, spannende Story, vermittelt echtes britisches Ambiente und Kultur. Nach all dem "Popcorn-Müll á la Patrick" endlich wieder mal ein hochkarätiger Film, wo man den Kinosaal etwas gescheiter verlässt als man ihn betreten hat.

Zuletzt geändert vor einem Jahr


as1960

vor einem Jahr

In "Operation Mincemeat" wird charmant, mit britischem Humor eine wahre Spionage-Geschichte aus dem 2. Weltkrieg erzählt. Es wird zumindest angedeutet, wieviel Detail-Arbeit in Büros passiert, ohne jegwelche 007-Action. Besonders witzig ist dabei, dass die List eigentlich völlig unglaubwürdig daher kommt, aber offenbar so abgewickelt wurde.Mehr anzeigen


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