Hinter den Wolken Belgien 2016 – 108min.

Filmkritik

Das Recht auf Liebe im Alter

Björn Schneider
Filmkritik: Björn Schneider

Emma schwankt zwischen Stagnation und Neubeginn. Soll sie sich auf ihre alte Liebe einlassen, obwohl ihr Mann erst vor kurzem starb? Das sensible Frauenporträt und Liebesdrama Hinter den Wolken, lotet mit Humor und Melancholie die Sehnsüchte einer reifen Frau aus. Und zeigt: das Verlangen nach Liebesglück und Sexualität, ist keine Frage des Alters.

Kurz nach der Beerdigung ihres Mannes Frederik, wird Emma (Chris Lomme) von Gerard (Jo De Meiere) kontaktiert. Die Beiden waren einst ein Paar, verloren sich dann aber für 50 Jahre aus den Augen. Zudem ist Gerard der ehemals beste Freund von Frederik. Nach langem Zögern, lässt sich Emma zu einem Treffen hinreißen. Sehr zum Bedauern ihrer Tochter Jacky (Katelijne Verbeke). Sie ist der Ansicht, ihre Mutter müsse erst ausreichend trauern, ehe sie sich auf einen neuen Mann einlässt.

Hinter den Wolken beruht auf einem Theaterstück von Michael De Cock, der für den Film auch das Drehbuch lieferte. Es ist das Spielfilmdebüt der jungen belgischen Regisseurin Cecilia Verheyden. Sie rückt hier eine sensible Thematik ins Zentrum, deren Umsetzung Mut erfordert: Liebe und Sexualität im Alter. Themen, die nach wie vor gesellschaftlich stark tabuisiert sind.

Hinter den Wolken ist zweierlei: einerseits das Porträt einer starken, selbstbewussten reifen Frau, die zwischen Trauerarbeit und Aufbruch schwankt. Andererseits aber auch eine generationenübergreifende Bestandsaufnahme dessen, wonach sich ein jeder Mensch sehnt, unabhängig vom Alter: nach einer erfüllenden, vertrauensvollen Liebesbeziehung. Denn auch die anderen Frauenfiguren, Emmas Tochter Jacky sowie ihre Enkelin Evelien, suchen das private Glück: Jacky hat eine Beziehung mit einem verheirateten Mann und Evelien stolpert von einer Liaison in die nächste.

Einfühlsam und jederzeit glaubhaft agiert Hauptdarstellerin Chris Lomme. Sie legt ihre Figur als scheue und mit ihren Gefühlen hadernde Frau an, die sich in einer emotionalen Zwickmühle befindet. Zaghaft lässt sie sich dennoch auf Gerard ein und es dauert nicht lange, bis die alte Liebe neu entflammt. Vor allem Jo De Meiere als vor verrückten Einfällen fast übersprudelnder Gerard, ist es, der im Film für die heiteren Momente sorgt. Seine liebenswerte Tollpatschigkeit sorgt für manch charmante, vergnügliche Situation.

Und Verheyden ist es, die die Bedürfnisse der Figuren nach Intimität und Sexualität, respektiert und ernst nimmt. Oder, wie Emma treffend sagt: "Ich bin nicht nur Witwe, sondern auch Frau." Der schönste, aber auch emotionalste Moment findet sich kurz vor Schluss. In einer herausragend montierten und geschnittenen Szene treffen Vergangenheit und Gegenwart aufeinander, wenn sich Emma an ein längst vergangenes Ereignis am Strand erinnert – und Frederik und Gerard um ihr Herz buhlen.

15.02.2017

4

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Kommentare

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kinorio

vor 7 Jahren

Einfach ein guter Film, fürs erwachsene Publikum.


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