Señor Kaplan Deutschland, Spanien, Uruguay 2014 – 98min.

Filmkritik

Auf großer Mission

Christopher  Diekhaus
Filmkritik: Christopher Diekhaus

Ein alter Mann will endlich eine Heldentat vollbringen und heftet sich kurzerhand an die Fersen eines vermeintlichen Nazis, der seinen Lebensabend an der Küste Uruguays verbringt. Was nach einer reizvollen Idee für ein anarchisches Katz- und Maus-Spiel klingt, mutiert leider zu einer recht zähen Angelegenheit mit Pointen, die viel zu selten zünden.

Schon bei seiner Bar-Mizwa-Zeremonie wurde Jacob Kaplan eingeimpft, dass er der Nachwelt Bleibendes hinterlassen solle. Im hohen Alter hat der aus Europa nach Uruguay geflohene Jude (Héctor Noguera) allerdings noch immer keine besondere Leistung vorzuweisen, weshalb er hellhörig wird, als er von seiner Enkelin erfährt, dass ein mysteriöser Deutscher (Rolf Becker) an der Küste des südamerikanischen Landes lebt. Ein untergetauchter Nazi, wie Jacob vermutet. Um Gewissheit zu erlangen, engagiert er den abgebrannten Ex-Polizisten Wilson Contreras (Néstor Guzzini) und geht mit ihm ersten vielversprechenden Spuren nach. Bei ihren Recherchen geraten die beiden Hobbydetektive natürlich rasch in Schwierigkeiten.

Der augenzwinkernde Einstieg macht Lust auf mehr, da Regisseur und Drehbuchautor Álvaro Brechner mit Schwung zur Sache geht und seine eigenwillige Hauptfigur recht prägnant umreißt. Sobald Kaplan seine Ermittlungen aufnimmt, kommt allerdings Sand ins Getriebe. Die Handlung schleppt sich von einer bemüht komischen Situation zur nächsten, und der Film passt sich mehr und mehr seinem etwas behäbigen Protagonisten-Duo an, das laut Presseheft von den häufig gegen absurde Umstände kämpfenden "Don Quijote"-Helden inspiriert wurde.

Anders als bei Cervantes kann sich der Verlierercharme hier aber nur in Ansätzen entfalten, weil das dilettantische Auftreten von Kaplan und Wilson kalkuliert wirkt und absolut vorhersehbar bleibt, wie beispielsweise das Verhör mit der Tochter des verdächtigen Deutschen zeigt. Krampfhaft versucht Brechner, irrwitzige Eskapaden in Szene zu setzen, und arbeitet doch die meiste Zeit mit angezogener Handbremse.

Schade ist auch, dass die ernsten Zwischentöne, die mit der Prämisse der Komödie verbunden sind, nur bedingt ausgereizt werden. Immerhin fanden nach dem Zweiten Weltkrieg tatsächlich zahlreiche Nazi-Verbrecher Zuflucht in Südamerika. Was nach selten spannenden 98 Minuten vor allem in Erinnerung bleibt, sind eine amüsante, an Western-Filme gemahnende Duellsituation und die sommerlich-leuchtenden Bilder von Kameramann Álvaro Gutiérrez. Letztere verströmen eine Frische und Leichtigkeit, die Mr. Kaplan auf dramaturgischer Ebene viel zu oft vermissen lässt.

13.01.2017

2

Dein Film-Rating

Kommentare

Sie müssen sich zuerst einloggen um Kommentare zu verfassen.

Login & Registrierung

8martin

vor 4 Jahren

Eine ernst gemeinte Komödie von Alvaro Brechner, der hier wohl von seinen Vorfahren inspiriert wurde.
Zwei Figuren, die Don Quichotte und Sancho Pansa sehr ähnlich sind, wollen in Südamerika (Uruguay), wohin nach dem 2. Weltkrieg viele Nazigrößen wie z.B. auch Eichmann geflohen waren, fangen, bewachen und an Israel ausliefern.
Die ursprüngliche Idee hatte Jacobo (Hector Noguera). Sein Verwandter, der etwas korpulente Wilson (Nestor Guzzini) hilft ihm dabei.
Die beiden Trollos bewegen sich mit ungewolltem Humor an der Grenze zwischen stiller Komik und munterer Unterhaltung. So fragt Jacobo seine Enkelin
- ‘Gibt mir eine Zigarette.‘
- Antwort ‘Ich rauche doch gar nicht.
- Antwort ‘Ich auch nicht.‘
Nachdem sie einen möglichen Nazi , den blonden Deutschen (Rolf Becker) gefangen und auf ein Boot geschafft haben (Sie hatte ihn mit einem Narkosegewehr für Nilpferde betäubt) gerät auf dem Wasser alles etwas anders als geplant und man merkt, dass Buch und Regie das Thema doch von der spaßigen Seite her sehen. Das wird noch durch eine Erscheinung verstärkt, in der Jacobo mit Gott Zwiesprache hält. Die üblicherweise eintätowierte Nummer bei allen KZ-Häftlingen findet sich auch auf dem Unterarm des Deutschen. Es bleibt unklar, ob er wirklich Häftling oder Aufseher war.
Und einen symbolischen Hinweis gibt’s noch am Ende, als Jacobo nach fehlgeschlagener Heldentat seine eigene Wohnungstür nicht findet. Wilson schließt Frieden mit seiner Frau. Man darf wohl alles nicht so bierernst sehen.Mehr anzeigen


manuel_fischer

vor 8 Jahren

Absolut sehenswert. Es gibt auch ruhige, besinnliche Momente. Im Gegensatz zum Filmkritiker, lasst es Euch gesagt sein: Es hat genug Schwung in diesem Film, um das Zwerchfell. zu bewegen.


Mehr Filmkritiken

Challengers - Rivalen

Back to Black

Civil War

Kung Fu Panda 4