Interstellar Grossbritannien, USA 2014 – 169min.

Filmkritik

Doch von dieser Welt

Patrick Heidmann
Filmkritik: Patrick Heidmann

Es dürfte im Kinojahr 2014 – zumindest nach Hollywood-Maßstäben – keinen Film gegeben haben, der mit mehr Spannung erwartet wurde als der neue Film von Christopher Nolan, in dem Matthew McConaughey durch die Zeit reist. Gründe dafür gibt es viele. Die Geheimniskrämerei, mit der Regisseur Christopher Nolan seine Arbeit umhüllt etwa, aber natürlich auch die Qualität von Nolan-Blockbustern wie Inception oder The Dark Knight.

Zunächst: All die Comic-Verfilmungen und Superhelden-Filme, die es in den vergangenen Monaten zu sehen gab, können neben Nolan einpacken. Und doch – das ganz große Meisterwerk für die Ewigkeit, das sich nicht wenige von dem Briten erhofft hatten, ist sein Film allerdings auch nicht geworden. Was für Interstellar durchaus ein Problem darstellt. Denn die Geschichte über den ehemaligen Astronauten Cooper (Matthew McConaughey), der nach einer "Ökokalypse" als Farmer zu überleben versucht, bis er – vermeintlich zufällig – für eine Reise in den Weltraum verpflichtet wird, bei der die Zukunft der Menschheit auf dem Spiel steht, gibt sich selbst den Anstrich von etwas ganz Großem.

Um Missverständnissen vorzubeugen: in mancher Hinsicht ist der Film tatsächlich genau das. Visuell bieten Nolan und sein neuer, auch mit IMAX-Technologie arbeitender Kameramann Hoyte van Hoytema Famoses und zaubern vor allem in den Weltraumszenen (die so oft wie möglich nicht vor dem Green Screen, sondern in Island entstanden) Bilder auf die Leinwand, wie man sie vielleicht noch nie gesehen hat. Auch die nie bombastische, sondern unerwartet reduzierte Musik von Hans Zimmer beeindruckt. Und die Geschichte hätte zwar keine Laufzeit von 170 Minuten gebraucht, bietet aber genug Wendungen und überraschenderweise auch Humor, um Hänger zu überbrücken.

Umso erstaunlicher ist es, wie konventionell Nolan seinen im Spannungsfeld zwischen Wissenschaft und Philosophie angesiedelten Film letztlich erzählt. Zwar vergeht auf der Erde die Zeit deutlich schneller als im All, wo Cooper und seine Kollegin (Anne Hathaway) auf der Suche nach bewohnbaren Ersatz-Welten durch Wurmlöcher fliegen. Doch die Szenen mit der längst erwachsenen Tochter (Jessica Chastain), die er einst als Teenager enttäuscht zurückgelassen hatte, fügen sich einfach chronologisch ins Geschehen ein.

In der Vergangenheit wurden Nolans Filmen oft emotionale Kälte und der Mangel an starken Frauenfiguren vorgeworfen, und man wird das Gefühl nicht los, dass der Regisseur dieses Mal mit aller Macht gegensteuern wollte. So sind die Frauen in Interstellar nun also kluge Forscherinnen, was aber die Tatsache, dass ausgerechnet ihnen die plumpsten Dialoge zufallen, umso ärgerlicher macht. Gegen die Kälte drückt der Brite, der seinen Film selbst als "Brief eines Vaters an seine Tochter" beschreibt, auf die Gefühlstube wie nie zuvor.

Doch er ist eben kein Steven Spielberg, für den Nolans Bruder die Geschichte ursprünglich schrieb und der bei duseligem Familienkitsch mehr Souveränität an den Tag legt. Spätestens mit dem unbefriedigenden letzten Akt verpasst Interstellar so endgültig das Ziel, ein ganz großer Wurf zu sein. Dass allerdings selbst das Scheitern seiner Ambitionen faszinierender anzusehen ist als die meisten anderen Filme dieses Jahres, spricht dann doch wieder sehr für Nolans Qualitäten als Filmemacher.

17.11.2014

4

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Kommentare

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RobertdeNirosta

vor einem Monat

Eher unterschätztes Endzeit-SciFi-Action-Drama. Angenehm ruhig inszeniert, Bilder und Sound Nolan-typisch vom Feinsten, Darsteller über jeden Zweifel erhaben, Regie, Kamera und Drehbuch ohnehin in einer eigenen Liga. "Interstellar" ist von der Stimmung her eher düster, pessimistisch, hoffnungslos, eben Weltuntergang. Humor gibt es logischer Weise kaum, das würde ja die düstere Stimmung untergraben. Die Actionsequenzen sind zurückhaltend aber dafür umso einprägsamer und wie bei C.Nolan üblich viel Analoges und wenig CGI.
Insgesamt ein schöner, geerdeter und realistisch gefärbter Science-Fiction Film
der sich zu den Filmklassikern dazureihen sollte. Meine persönliche Wertung: 5/5 unerforschte SonnensystemeMehr anzeigen


8martin

vor 3 Jahren

Ein dystopisches Weltraumabenteuer, in dem der Pilot/Astronaut Cooper (Matthew McConaughey) neue bewohnbare Planeten suchen soll, um die Weltbevölkerung dort anzusiedeln, denn die Erde wird zusehends unbewohnbar. Er verlässt mit Dr. Brand (Anne Hathaway, Tochter von Professor Brand: Michael Caine, der das Programm rechnerisch erdacht hat) und zwei Kollegen die Erde und seine zwei Kinder sowie Großvater Donald (John Lithgow), fliegt durch Schwarze Löcher und Wurmlöcher und gelangt in fremde Galaxien, wo eine Stunde wie sieben Jahre auf der Erde sind.
Es wird auffallend viel über Gravitation und Quantenmechanik geredet und dass die Liebe die Dimension von Zeit und Raum überwindet. Auch das ein dreidimensionaler Kreis eine Kugel ist, leuchtet ein. So weit, so gut. Erst als von Zeitdilatation die Rede ist wird’s kryptisch. Auch das bekannte Zitat von Dylan Thomas kommt mehrmals vor ‘Do not go gentle into that good night…‘ Als Cooper auf einem Planeten den Astronauten Dr. Mann (Matt Damon) trifft, beginnt der Strudel der Unwägbarkeiten und nur wer die Logikbrille abgesetzt hat, kann noch unterhalten werden. Da rührt einen der sterbende Michael Caine, sowie die erwachsenen Kinder von Cooper: Tochter Murphy (jung Mackenzie Foy, erwachsen Jessica Chastain) und Tom (Timothée Chalamet und Casey Affleck).
Mit der Rückkehr des124 Jahre alten Cooper erst in sein Wohnzimmer, dann in ein Krankenhaus hat Regisseur Nolan eine hollywoodreife Varieté-Lösung gefunden. Der Dystopie sei Dank. Unterwegs gab es immer wieder nachvollziehbare Passagen neben total abgespaceten Stellen. Nach fast drei Stunden sind die Zuschauer ganz schön geschlaucht.Mehr anzeigen


Janissli

vor 6 Jahren

Spektakuläre Bilder, ausgeklügelte Geschichte und tolle Schauspieler. Ein echter Filmgenuss bei dem es ganz bestimmt nicht langweilig wird.


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