Omar Palästina 2013 – 94min.

Filmkritik

Der Fluch der bösen Tat

Michael Lang
Filmkritik: Michael Lang

War 2014 für den Auslands-Oscar nominiert: Hany Abu-Assads Drama um einen einen jungen palästinensischen Bäcker - zerrissen zwischen privatem Glück und politischer Realität.

Der junge Bäcker Omar (Adam Bakri) ist Palästinenser, intelligent und couragiert. Um seine militanten Kollegen – und vor allem die blutjunge Schwester seines besten Freundes - treffen zu können, muss er in halsbrecherischen Kletterpartien eine Grenzmauer in der Stadt übersteigen, um in ein anderes Quartier zu gelangen. Als bei einem Anschlag ein israelischer Soldat zu Tode kommt, wird Omar verhaftet und gefoltert. Dabei gerät er an den israelischen Agenten Rami (Waleed F. Zuaiter), der ihn einer Gehirnwäsche unterzieht. Nun entwickelt sich ein seltsames Vertrauensverhältnis zwischen den beiden Männern, das zur überraschenden Freilassung Omars führt.

Allerdings ist das kein Gnadenakt sondern eine bewährte Methode, um renitente Systemgegner als Spitzel gefügig zu machen: Denn kaum taucht der geschundene Omar wieder in der Öffentlichkeit auf, wird er von seinem Umfeld - und vor allem von seinen revolutionären Gesinnungsgenossen - wie ein Aussätziger und mit grösstem Misstrauen beäugt.

Darunter leidet natürlich auch sein Verhältnis zu Nadja, die er aufrichtig liebt. Doch es zeigt sich, dass diese Zuneigung zur gefühlsmässigen Zerreissprobe wird, die von Ängsten und Missverständnissen geprägt ist. Omar spürt, dass er mehr und mehr in einen unentrinnbaren Teufelskreis schlittert, der ihm existenzielle Entscheidungen abverlangt: Gegenüber seinem vertrauten Umfeld, aber auch in Bezug auf das Verhältnis zum israelischen Geheimdienst mit seinem einstigen Schergen und unheilvollen Verbündeten Rami.

Regisseur Hany Abu-Assad gelingt mit einem substanziellen Drehbuch und dank der Unterstützung eines motivierten Darstellerensembles ein packendes Filmdrama mit plausiblen realpolitischen Akzenten. Gedreht in einem authentischen Milieu ist Omar der erste mit einem rein palästinensischen Budget realisierte Spielfilm überhaupt. Ein ausgewogenes, ethisch erstaunliches Werk, weil Abu-Assad subtil auf jegliche klischeehafte Nahost-Konflikt-Parteilichkeit ebenso verzichtet wie auf melodramatisches Pathos in der Lovestory.

Dramaturgische Spannung schafft er zudem mit akzentuierenden Action-Elementen (brillant inszenierte Verfolgungs-Szenen im Gassenlabyrinth der Stadt), wobei aber stets das Erzählerische, die Sensibilität seiner stark entwickelten Charaktere im Fokus bleibt. Interessant: Nach Paradise Now ist Omar schon der zweite Abu-Assad-Film, der für einen Oscar als bester ausländischer Film nominiert wurde. Verdientermassen: Omar ist bewegendes, engagiertes, intelligentes Herz-Kino.

15.02.2024

4

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